Die Erzähllieder in der Sammlung "Písně národní v Čechách“ (d. h. "Volkslieder in Böhmen“) von Erben (1842-45) lösten damals grosse Überraschung aus, denn in den älteren Sammlungen (Rittersberg 1825, Čelakovský 1822 -27) kamen sie nur vereinzelt vor und es herrschte sogar die Meinung, das tschechische Volkslied sei fast ausschliesslich lyrischen Charakters. In der definitiven Ausgabe des Werkes "Prostonárodní české písně a říkadla“ (d. h. "Volkstümliche tschechische Lieder und Sprüche “) aus dem J. 1864 erhöhte sich die Zahl der Erzähllieder noch auf 61 Nummern; diese bilden den interessantesten und wertvollsten Teil dieser klassischen Sammlung tschechischer Volkslieder. Die Verfasser der vorliegenden Abhandlung untersuchen den Quelllenwert des Balladenkomplexes in der Sammlung Erbens auf Grund gedruckter und publizierter Aufzeichnungen aus Böhmen, angefangen vom vorigen Jahrhundert bis auf den heutigen Tag, und erörtern unter diesem Aspekt jedes einzelne Lied. Sie stellen fest, dass Erben die Gruppe der Erzähllieder nach der inneren Ordnung zusammenstellte, worin sich seine romantische Einstellung widerspiegelt (grösste Bedeutung mass er den Liedern mit dämonologischen Motiven bei). In der Sammlung aus dem J. 1864 hielt Erben den Kern der volkstümlichen Balladik in Böhmen fest, denn er trug darin ungefähr vier Fünftel balladenhafter Typen zusammen. Ein Vergleich mit späteren gedruckten und handschriftlichen Varianten zeigt aber, dass der Balladenkomplex bei Erben einige Lücken aufweist und dass darin mehr als zehn in Böhmen verbreitete Balladen fehlen, ganz abgesehen von einigen weiteren vereinzelten Typen. Zusammenfassend kann auch gesagt werden, dass lediglich eine einzige von den Balladen der Erbenschen Sammlung in späteren Aufzeichnungen nicht enthalten ist; die erdrückende Mehrheit der Balladen und Legenden der Sammlung Erbens ist durch weitere Sammlungen bis in die neueste Zeit hinein belegt.