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XXIII

Es möge hier, das diese ganze Transaction für Böhmen einleitende Schreiben Metternichs an den da- maligen Landespräsidenten Grafen Kolowrat ob seines wohl allgemein interessanten und auch heute noch völlig zeitgemässen Inhaltes seinem ungekürzten Wortlaute nach angeführt sein:

»Hochgebohrner Graf!«

»Ieh war unlängst bei mehrern Gelegenheiten jm Falle, Sr. Majestát die bedeutenden Nachtbeile vorzustellen, welche durch die Zerstreuung und Verborgenheit so vieler, nicht nur für die vaterlündische Historie, sondern auch unmittelbar für das praktische Bedürfnis und für mehrfache Staats-Interessen wichtigen Urkunden und óffentlichen Instrumente entstanden sind, und habe deshalb die nóthigen An- ordnungen getroffen, dass das geheime Staats-Hof- und Haus-Archiv seinem Berufe, diesfalls ein voll- ständiges Zentral-Institut zu bilden, immer nüher komme.«

»Eine vorzügliche und bei der durch den wiener Frieden herbeigeführten Begrünzung auf der Seite Kirnthens und Oberósterreichs sehr nachtheilig fühlbare Lücke entstand insbesondere dadurch, dass mit den Archiven der unter Josef II, aufgehobenen Klóster auf eine wahrlich ganz eigene Art verfahren worden ist, dass selbe nur theilweise ins geheime Archiv oder in die kaiserliche Hofbibliothek (in welche Letztere sie gar nicht gehörten) übertragen wurden, zum Theile in die Registraturen der Provinzhauptstäd te kamen, zum Theile gar in loco den Motten und der Verwesung preisgegeben blieben, so dass man in der That (was freilich höchst auffallend ist) von einigen dieser Archive kaum mehr die Existenz zu eruieren vermag. So findet sich z. B. weder in dem geheimen $taats- Archive, noch auch in der kaiserlichen Hofbibliothek eine Spur der aufgehobenen Innerästerreichischen Stifter Viktring, Ossiach, St, Georgen am Langensee,Sittich, Landstrass u.s. w., der ehemaligen Ober- und Niederósterreichischen Fraunkirchen, Spittal am Pyrhn, Montsee, Gamming, Klein-Mariazell u. s, w. In Böhmen und Mähren muss wohl derselbe Fall seyn, und es liessen sich hier nicht einmal Namen und Zahlen der in diesen beiden Ländern supprimirten Stiften voll- ständig und verlässlich auffinden.

»Unterm 6tel dieses haben mir , Mayestiit auf meine diesfalls gemachte Vorstellung wiederholt aufgetragen, zur Uiberkommung aller, in das geheime Archiv gehörigen Urkunden, in so weit solche nur immer ein Eigenthum des Staates sind, sogleich das Erforderliche zu veranlassen.

In Folge dessen stelle ich hiermit an Eure Excellenz das angelegendste Ersuchen, in Ihrer gesammten Provinz zuvürderst den Archiven der aufgehobenen Kläster genauest nachspüren zu lassen, mir das Erhobene gefülligst anzuzeigen, und zwar mit dem beigefügten Vorschlage, auf welche Weise die allerhóchsten Ortes anbefohlene Vereinigung derselben mit dem geheimen $taats-Hof- und Hausarchive am schnellsten und mit den verhültnissmüssig geringsten Unkosten bewirkt werden können.

»Ich geharre* eto.

Metternich m. p.

Wien, 13. März 1811 18),

Mit Prüsidialerlass des Landesprüsidiums Prag vom 22. April 1811, Z. 3482, wurde eine Abschrift obigen Schreibens an den damaligen Bibliothekar der Prager Universitütsbibliothek Dr. Franz Posselt »zur eigenen Wissenschaft* und umgehenden Darnachachtung intimiert, Posselt wusste wohl, welcher Herz- stoss durch diesen Auftrag der ihm anvertrauten Diplomsammlung versetzt worden war. Directe Oppo- sition war jedoch unmóglich; retten aber wollte er, was eventuell vielleicht; doch noch zu retten wire; und 80 stellte Posselt, nachdem er zunüchst fruchtlos die Sache wenigstens hinauszuschieben getrachtet hatte. auf zwei energische Urgenzen des Landesprüsidiums vom 4. Juni 1811, Z. 4138, und vom 16. Juni 181], 7. 5318, mittels Replik vom 22. Juni 1811 den streng localpatriotischen Auswegantrag: Es wire nehmlich

18) Vgl. auch G. Wolf a. a. O. S. 58, wo eines inhaltlich identischen Schreibens Motternichs vom 8. Mirz 1811 an den Kanzler Grafen Saurau kurz Erwühnung gethau wird.


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