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Die Angaben der Baugeschichte sprechen nicht dagegen, dass
der Dichter diese wunderbaren Räume gesehen und für seine Dichtung
benutzt haben kann. In der Errichtungsurkunde des Karlsteiner Kapitels
vom 27. März 1357 wird bereits auf die Gründung und Erbauung der
Burg und auf die durch der Erzbischof Ernst von Pardubitz erfolgten
Weihen der Kapellen hingewiesen (Neuwirth 2) und ein genau geregelter
Gottesdienst in drei Kapellen festgesetzt (Neuwirth 6). Neuwirth nimmt
an, dass die Kapellen bis auf die Kreuzkapelle, deren Malereien in der
Schenkungsurkunde an Theodorich 1367 schon gedacht wird, 1355 auch
ihrer inneren Ausschmückung nach vollendet waren; auch die Katha-
rinenkapelle ist nach Neuwirth gleichzeitig oder nicht viel später voll-
endet worden. Da die Vorlage der KL aus sprachlichen Gründen
in die Mitte des 14. Jhs. zu versetzen ist, hindert nichts anzu-
nehmen, dass der Dichter, der das Leben und Leiden der besonderen
Schutzheiligen Karls IV. verherrlichte, zur Schilderung eines der Höhe-
punkte seines Gedichtes sich durch die eben erstandene Pracht der
Karlsteiner Räume und besonders der der Heiligen geweihten Kapelle
begeistern liess. Das Lokale wie die Bilder der Katharinenkapelle boten
alle Anregung für das Aeussere der Vermählungsszene und die han-
delnden Personen. Damit wäre ein wichtiger Terminus für die Datierung
des Gedichtes gewonnen. Dass der éechische Dichter, wenn er schon
den jüngeren Titurel nicht gekannt hat, die Pracht der Karlsteiner Ka-
pellen (oder doch der Prager Wenzelskapelle) nicht gekannt habe, somit
diese charakteristische Stelle — übrigens die einzige, in der eine Oertlich-
keit breiter geschildert wird — frei erfunden habe, ist schwer anzunehmen.
Auf die Burg Karlstein scheinen mir neben den Edelsteinen der
Katharinenkapelle und den Bildern noch andere Umstände zu deuten.
So das Nischenbild über dem Altar der Katharinenkapelle: auf blauem
goldbesternten Nischengrund Maria auf dem Thronsessel auf ihrer
Linken das Jesuskind. Denselben Gegenstand hat das vom Einsiedler
der Katharina $eschenkte Bild (V. 639 ff), in derselben Situation er-
scheinen Maria und Jesus Katharinen (V. 721 f£) bei ihrem ersten
Traume. Wie Maria auf dem Nischenbild der zu ihrer Rechten knie-
enden Kaiserin Anna (von Schweidnitz, Karls dritter Gemahlin) lieb-
reich die Hand reicht, so nimmt sie sich in der Dichtung liebreich der
demütigen Katharina an. Ist es ein Zufall, dass gerade an dieser Stelle
auch in der Dichtung der Name Anna ertönt? Die Madonna mit dem
Kinde hat auf dem Karlsteiner Altarwerk zweimal auch Thomas von
Modena dargestellt (Neuwirth, Tafeln I—III, auch die bekannte Ma-
donnastatue (Tafel L) zeigt den Gegenstand.
Auf eine zweite, vielleicht noch treffendere Beziehung führen
die Verse 1808 ff. der KL, in welchen Katharina, um die Rhetoren zu
beschimen, die Prophezeiung der Sibylla zitiert:
Widiech w slunczy stogiecze
pannu a syna kogiecze
na rucze, ten krasen byese;
pod nohamy giey leziesse
miesiecz y wse geho vslona.
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