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sitzen ein altes Urkundeninventar des Prager Domkapitelarchi-
ves aus dem Jahre 1551, welches von dem Prager Domdechanten
Valentin angelegt wurde, nachdem ein Brand das alte Urkunden-
archiv des Prager Domkapitels in Unordnung gebracht und eine
Anzahl von Urkunden vernichtet hatte. In diesem Inventar ist
für die Ermittelung der Überlieferungsgeschichte der einst im
Prager Kapitelarchiv zurückgebliebenen Kronarchivsurkunden
jene Gruppe von besonderer Bedeutung, welche sich dort unter
dem Titel »Literae pro rege et regno Boemiae, non pro ecclesia«
verzeichnet findet. Das Vorhandensein von Urkunden des böh-
mischen Kronarchivs im Prager Kapitelarchive kann nur eine
Folge des Umstandes sein, daß das böhmische Kronarchiv mit
dem Kapitelarchive und dem Domschatze zusammen in der Sa-
kristei der Prager Kirche verwahrt wurde. Anderseits finden
sich noch jetzt unter den Urkunden des böhmischen Kronarchivs
einige Urkunden, von denen es nicht als ausgeschlossen gelten
kann, daß dieselben infolge des ursprünglichen Beisammenseins
des Kronarchivs und des bischöflichen Archivs unter die Be-
stände des ersteren gekommen sind.
IL. 5. Als der rómische König Albrecht im Jahre 1306 als
Sieger Heinrich von Kärnten aus dem Lande vertrieben hatte
und sein Sohn Rudolf am 16. Oktober d. J. zum bóhmischen Kó-
nige gewählt worden war, da wurde das alte Archiv der Pie-
mysliden einer durchgreifenden Revision unterzogen, wobei
Albrecht zweifellos eine Reihe von Urkunden mit nach Wien
nahm. Die böhmischen Stände mußten damals diesem Beginnen
ruhig zusehen und sich offenbar nur mit zwei der bedeutsamsten
Privilegien der deutschen Könige (vom Jahre 1212 und 1216)
begnügen, welche das Pfemyslidenarchiv beherbergte. Welche
Urkunden Kónig Albrecht im Jahre 1306 dem alten Pfemysliden-
archiv entnommen und nach Wien gebracht hat, um sie in seinem
»Schatzgewólbe« zu hinterlegen, diese Frage kann heute nicht
mehr in ihrem ganzen Umfange beantwortet werden. Wahr-
Scheinlich ist es nur, daß alle von König Albrecht aus dem böh-
mischen Kronarchiv erhobenen Urkunden wiederum an ihre
Stelle zurückgelangt sind, als Johann von Luxemburg König von
Böhmen wurde. Nur von zwei Urkunden können wir mit Be-
stimmtheit behaupten, daß sie von Albrecht nach Wien genom-
men wurden und tatsächlich auch einige Zeit in dem Archive der
oesterreichischen Herzöge hinterlegt waren. Es sind dies zwei
Goldbullen König Friedrichs II. vom 26. September 1212 (über
Floß und Parkstein) und vom Juli 1231 (Confirmation König
Wenzels I.) gewesen. Diese Urkunden waren bis zum Jahre 1358
in dem Archive der oesterreichischen Herzöge geblieben. Am
2. April 1358 schickte nämlich der oesterreichische Herzog die
besagten Goldbullen König Friedrichs II. durch besondere Boten,
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