[1] |
|
---|
[2] |
sitzen ein altes Urkundeninventar des Prager Domkapitelarchi-
|
---|
[3] |
ves aus dem Jahre 1551, welches von dem Prager Domdechanten
|
---|
[4] |
Valentin angelegt wurde, nachdem ein Brand das alte Urkunden-
|
---|
[5] |
archiv des Prager Domkapitels in Unordnung gebracht und eine
|
---|
[6] |
Anzahl von Urkunden vernichtet hatte. In diesem Inventar ist
|
---|
[7] |
für die Ermittelung der Überlieferungsgeschichte der einst im
|
---|
[8] |
Prager Kapitelarchiv zurückgebliebenen Kronarchivsurkunden
|
---|
[9] |
jene Gruppe von besonderer Bedeutung, welche sich dort unter
|
---|
[10] |
dem Titel »Literae pro rege et regno Boemiae, non pro ecclesia«
|
---|
[11] |
verzeichnet findet. Das Vorhandensein von Urkunden des böh-
|
---|
[12] |
mischen Kronarchivs im Prager Kapitelarchive kann nur eine
|
---|
[13] |
Folge des Umstandes sein, daß das böhmische Kronarchiv mit
|
---|
[14] |
dem Kapitelarchive und dem Domschatze zusammen in der Sa-
|
---|
[15] |
kristei der Prager Kirche verwahrt wurde. Anderseits finden
|
---|
[16] |
sich noch jetzt unter den Urkunden des böhmischen Kronarchivs
|
---|
[17] |
einige Urkunden, von denen es nicht als ausgeschlossen gelten
|
---|
[18] |
kann, daß dieselben infolge des ursprünglichen Beisammenseins
|
---|
[19] |
des Kronarchivs und des bischöflichen Archivs unter die Be-
|
---|
[20] |
stände des ersteren gekommen sind.
|
---|
[21] |
IL. 5. Als der rómische König Albrecht im Jahre 1306 als
|
---|
[22] |
Sieger Heinrich von Kärnten aus dem Lande vertrieben hatte
|
---|
[23] |
und sein Sohn Rudolf am 16. Oktober d. J. zum bóhmischen Kó-
|
---|
[24] |
nige gewählt worden war, da wurde das alte Archiv der Pie-
|
---|
[25] |
mysliden einer durchgreifenden Revision unterzogen, wobei
|
---|
[26] |
Albrecht zweifellos eine Reihe von Urkunden mit nach Wien
|
---|
[27] |
nahm. Die böhmischen Stände mußten damals diesem Beginnen
|
---|
[28] |
ruhig zusehen und sich offenbar nur mit zwei der bedeutsamsten
|
---|
[29] |
Privilegien der deutschen Könige (vom Jahre 1212 und 1216)
|
---|
[30] |
begnügen, welche das Pfemyslidenarchiv beherbergte. Welche
|
---|
[31] |
Urkunden Kónig Albrecht im Jahre 1306 dem alten Pfemysliden-
|
---|
[32] |
archiv entnommen und nach Wien gebracht hat, um sie in seinem
|
---|
[33] |
»Schatzgewólbe« zu hinterlegen, diese Frage kann heute nicht
|
---|
[34] |
mehr in ihrem ganzen Umfange beantwortet werden. Wahr-
|
---|
[35] |
Scheinlich ist es nur, daß alle von König Albrecht aus dem böh-
|
---|
[36] |
mischen Kronarchiv erhobenen Urkunden wiederum an ihre
|
---|
[37] |
Stelle zurückgelangt sind, als Johann von Luxemburg König von
|
---|
[38] |
Böhmen wurde. Nur von zwei Urkunden können wir mit Be-
|
---|
[39] |
stimmtheit behaupten, daß sie von Albrecht nach Wien genom-
|
---|
[40] |
men wurden und tatsächlich auch einige Zeit in dem Archive der
|
---|
[41] |
oesterreichischen Herzöge hinterlegt waren. Es sind dies zwei
|
---|
[42] |
Goldbullen König Friedrichs II. vom 26. September 1212 (über
|
---|
[43] |
Floß und Parkstein) und vom Juli 1231 (Confirmation König
|
---|
[44] |
Wenzels I.) gewesen. Diese Urkunden waren bis zum Jahre 1358
|
---|
[45] |
in dem Archive der oesterreichischen Herzöge geblieben. Am
|
---|
[46] |
2. April 1358 schickte nämlich der oesterreichische Herzog die
|
---|
[47] |
besagten Goldbullen König Friedrichs II. durch besondere Boten,
|
---|