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die Flamme des Chiliasmus nicht vollständig erstorben war.') In an-
deren flackerte sie nochmals müchtig auf, um unseren Blicken in un-
heimlicher Beleuchtung die letzten Auslüufer der ganzen Bewegung
erscheinen zu lassen. Die Adamiten, für welche die Zeit des neuen
Reiches bereits gekommen war, bedurften keiner Sakramente. Das
Liebesmal wurde ihnen zur Orgie.
Nicht nur die gemissigten Untraquisten sondern auch die Tabo-
riten stiessen diese extremen Elemente aus. Der Hussitismus hatte
seine Ketzer und gebrauchte gegen sie dieselben Waffen, die die Kirche
gegen die Anhänger des Johannes Hus empfahl, das Schwert und die
Fackel. Zizka hat beide mit kräftiger Hand geschwungen und dadurch
die Kräfte, die das Taboritenthum ins Leben gerufen hatten, jetzt aber
mit einem Zersetzungsprozesse bedrohten, wieder gebannt. Gegen die
Pikarden waren die Prager Magister und die Priester der Taboriten
einig, und doch begannen zwischen beiden alsbald Streitigkeiten über
das Sakrament des Leibes und Blutes Christi, die auch Peter Chel-
Cicky veranlassten — zum erstenmale, wie es scheint — zur Feder zu
greifen. Er betheiligte sich an der Polemik nicht im Bunde mit den
Taboriten, sondern vermehrte die grosse Menge der Traktate durch
Streitschriften, die gegen sie gerichtet waren.
Es ist nicht möglich den Hergang im einzelnen festzustellen. Gewiss
ist nur, dass das Haupt der Taboriten, ihr Bischof, Nikolaus von Pilgram,
genannt Biskupec, es war, der den Verkehr anbahnte, wahrscheinlich in
der Zeit, als die: Polemik mit den Prager Magistern, die bald nach der
Ausstossung der Pikarden folgte, eben erst begann, und als die Taboriten
bemüht waren, ihre eigene Lehre zu fixiren und zugleich nach beiden
Seiten hin abzugränzen. Da sie als Pikarden nicht gelten wollten und
doch von ihren Gegnern zu ihnen gerechnet wurden, so musste ihnen
daran liegen, dass die óffentliche Meinung, von diesen beeinflusst,
sich nicht gegen sie erkläre. Als einmal Nikolaus, vielleicht zufällig,
in Begleitung eines anderen Taboritenpriesters nach Vodňan kam,
schickte er um Peter nach den nahen Chelčic. Biskupec und sein Be-
gleiter erwarteten ihn vor der Stadt, auf einem Teichdamme sitzend,
und empfiengen ihn, als er kam, mit der Frage: was die Leute von
ihrer Abendmalslehre sprächen. Peter antwortete, von den einen werde
sie gelobt, von den anderen getadelt. Was darauf Peter, dem die Lehre
!) Palackys Ansicht, Martin sei kein Chiliast gewesen, wird durch die Replik
gegen Biskupec widerlegt.