31
geburt frei von Sünde erhält. Aber die meisten müssen ihr Heil durch
Busse und Arbeit verdienen. Doch gibt es auch solche, die gute
Werke vollführen, ohne ihr Heil dabei zu finden, da sie — die Mur-
renden — nur auf ihre äussere Gerechtigkeit bauen, während dagegen
offenbare Sünder durch ihre Demut Gnade finden, ja noch in der
letzten Stunde, ohne Werke, nur durch ihre bussfertige Gesinnung ge-
rettet werden. Gott kann für nichts — viel geben. So hat der Schi-
cher, der unter allen der letzte an Christus geglaubt hat, zuerst den
Lohn empfangen.
Zum Schächer am Kreuze kehrt Cheléicky nochmals zurück in
seiner Erklärung der Passion Christi nach dem Evang. Joh. Sie ist
unter seinen Schriften vielleicht die tiefsinnigste. Wenn er in der-
selben dem Opfertode Christi die Macht beilegt, die Schuld der Mensch-
heit zu tilgen,!) obgleich es unter den Menschen keinen gab, der es
verdient hätte; wenn er den Glauben des Schächers dem Glauben des
Blinden vergleicht, der bloss auf seinen Glauben hin gesund ward;
wenn er die Quelle des Heils nur in Gottes Gnade und Barmherzig-
keit sucht, die durch des Menschen Werk nicht bestimmt werden:
so scheint auf Seite des Menschen allein der Glaube übrig zu blei-
ben, in dem er vor Gott zwar nicht gerecht wird, aber doch als ge-
recht angenommen werden.kann. Allein das Heil ohne Werke und
durch den Glauben allein ist so zu sagen nur ein Ausnahmsfall;
denn wie die Gnade Gottes in der Regel dem Menschen, der gerettet
wird, nicht allein die Schuld erlásst sondern auch die Sünde in ihm
tilgt, die Wiedergeburt in ihm einleitet, ihn, wenn er beharrt, nicht
allein rechtfertigt, sondern auch gerecht macht: so finden auch seine
Werke Gnade vor Gott, der den guten Willen, aus dem sie hervor-
gehen, schátzend, ihre Unvollkommenheit übersieht. Die Unterlassung
der Werke, wo sie geübt werden kónnen, die leichtfertige Verzóge-
rung der Busse bis zum Tode — der Schácher am Kreuze tróstet uns
in der Verzweiflung und warnt zugleich -— führen zur Verdammung.
Der rechte Glaube leitet den Menschen zur Arbeit an in Werken,
die ihm den ewigen Lohn gewährleisten.
Beruht auch das Heil auf dem unmittelbaren Verhältnisse des
Menschen zu Gott, so gibt es doch auch besondere Heilsmittel, Sa-
kramente, von Christus eingesetzte Zeichen einer heiligen Sache, die
') Das Blut Christi ist das wahre Purgatorium, das die Gebrechen tilgt, die
auch in Gerechten noch bleiben: stirbt er, so werden sie ihm nicht zugerechnet.
(Vom Ursprung des menschlichen Gesetzes.)