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So ward das kais. geheime Staats-Hof- und Hausarchiv zu Wien endgiltig die bleibende Heim- und
Ruhestätte der ältesten und wichtigsten Rechtszeugnisse und Culturzeugen aus Böhmens altehrwürdigsten
und frühesten Bildungs- und Culturcentren, aus dessen durchwegs von deutschen Glaubensboten vor grauen
Zeiten gegründeten Klöstern,
Vorübergehend schien es zwar, als ob ein dem abbrócklungssüchligen Provinzialparticularismus
günstiger Zufall die Veranlassung sein sollte, ull diese Denkmale altdeutscher Rechtsübung in Bóhmen wieder nach
Prag zurückzuführen; doch es schien nur so. Auf seiner Reise nach Böhmen im Jahre 1824 besuchte Kaiser
Franz I. am 21. Juni dieses Jahres auch die k. k, Universitüts-Bibliothek zu Prag, bei welchem feierlichen
Anlasse der Bibliothekar Posselt seinem Monarchen unter anderem auch den immerhin noch bedeutend genug
sich reprüsentierenden Schatz der in der Bibliothek nach der Transaction von 1811 verbliebenen alten Kloster-
urkunden zeigte, und hiebei tiefstens das nunmehrige Fehlen der schünsten Perlen der ehemals so completten
Sammlung beklagte. Zur grössten Freude Posselts „äusserte Se. Majestät höchst gnädig, dass die abgeführten
Diplome wieder zurückgestellt werden sollen.“ So wenigstens sagt die vom Bibliothekar Posselt auf Grund
dieses Kaiserbesuches am 25. Juni 1824 schon an das Landesprüsidium gemachte Eingabe um Erwirkung
der Rückstellung der am 28, December 1811 an das geheime Staats-Hof- und Hausarchiv abgelieferten Diplome.
Das Promemoria blieb jedoch ohne Erledigung. Erst als der Nachfolger Posselts, Bibliothekar Dr. Anton
Spirk, das Pelitum seines Vorgängers am 31. März 1829 wieder aufgriff, erfolgte am 30. August 1829
der Gubernialbescheid, dass Posselt in gutem Glauben und xedlichem Eifer sich in der Hauptsache geirrt
habe, indem „die Direction des Staatsarchives die Erklärung abgegeben habe: die Urkunden der aufgehobenen
böhmischen Klöster wären der Prager Bibliothek‘ niemals als Bestimmung, sondern nur als einem
einstweiligen Aufbewahrungsorte zugewiesen worden.“ Juristisch und ad verbum genommen war
war dies s. Z. auch wirklich der Fall gewesen und es stand sonach neben dem höheren Idealzwecke auch das
verbriefte Recht nur voll und thatsächlich auf Seiten der Anschauungsäusserung des Staatsarchives,
Noch einmal kam eine gelinde Bewegung unter die in der Prager Universitätsbibliothek noch ver-
wahrten Diplome. Und wiederum war es, wie 1811, Fürst Meiternich, der diese Fluctuation veranlasste;
diesmal aber aus minder edlen und nicht dem allgemeinen Reichsganzen dienenden Motiven, sondern vielmehr aus
streng egoistischen Privatründen. Die ehemalige Religionsfondherrschaft Plass war niimlich durch Kauf in Metter-
nichischen Besitz übergegangen. Grenzzweifel sollen sich dabei nachtrüglich eingestellt haben. Was Wunder, dass
da der Meister des Absolutismus im Grossen die erprobte Kunst des autokratischen Verfiigens „zur rascheren Ent-
scheidung“ auch ein wenig im Kleinen und Kleinlichen versuchte, und mittels Gubernialdecretes vom
26. April 1839, Z. 22.448, urplótzlich die Prager Universität dringendst angewiesen wurde, die Acten des
ehemalige Stiftes Plass mit mäglichster Beschleunigung an das Fürstlich-Metternichische Wirtschafts-
oberamt zuPlass abzuliefern. Am 20. August 1839, sub. Z. 45.571, aber wurde der naturgemüss in so wenig
sympathischer Sache sich nicht allzu überstürzenden Bibliotheksleitung in derselben Angelegenheit ein etwas sehr
energisches Urgenzedict des Landesguberniums zugestetllt, in dem in nicht miss zu verstehender Weise die
„sofortige Verpackung und Absendung* des Plasser Archives angeordnet ward, welche denn nunmehr auch
alsbald erfolgte, so dass dasselbe am 30. August 1839 schon seine Zwangsrückreise nach seinem angestammten
Heimathsorte antreten konnte. Erst am 7. December 1842 kamen über ,freiwillige* Anordnung und Initistive
Fürst Metternichs die ,historischen* Urkunden des Plasser Exarchives (72 an der Zahl) wieder in die Prager
Universititsbibliothek zurück,
Prag, Pisek und Doxan gar nicht nemnt, und er bei Borowan-Forbes 1839—1747 (wir 1749), Kuklena 1664—1665 (wir
16577), Neupaka 1685 (wir 1650)—1702, Plass 1146—1755 (wir 1747), St. Gallus-Prag 1627 (wir 1347) —1754, Kreuz-
herren-Cyriaci-Prag 1507 (wir 1348) —1649, Hyberner-Prag 1483—1746 (wir 1752), Paulaner-Prag 1641 (wir 1633—
1690), Serviten-Prag 1629—1711 (wir 1627—1724) und W.ebozrisoht 1681, (wir 1675—1681) angibt. Hiegegen führt er
an ,Barnabiter bei St. Nicolaus in Prag 1691*, welche nach uns gar kein Archiv von der Uebernahmscommission angewiesen
zeigen, ,Bistritz Carthause 1501*, welches Kloster überhaupt nicht zu existieren schien (in Neu-Bistritz fand sich nur ein 1501
von Konrad Freiherrn von.Krajk gegrindetes Paulanerstift, das.1785 ohne Archi aufgehoben wurde), ;Strahof 1762,* welches Stift
nlemals' saecularisiert ward (vgl. obeu!), und Jesuitet bei St. Clemens in Prag 15567 bis 1750.