EN | ES |

Facsimile view

1153


< Page >

wo sie genau zwei Seiten füllen würden, Weder die neue Paginierung nach Blättern, noch die alte nach Seiten haben diesen Mangel beachtet, das Blatt fehlte also schon lange, wahrscheinlich schon beim Zusammen- binder der Hs, 5, eine Predigt über die Geheimnisse des Charfrei- tags, Bl. 120b—129a: Hled avczyn wedle przykladu X mohly dobro- dyenye obdrzyety. Amen. Wieder eine andere Hand als die der vor- hergehenden Stücke. Schriftcharakter: Wende des 14. und 15. Jh.

5, Der Brünner Sammelband hat ganz merkwürdige Schicksale er- lebt. Er stammt aus der berühmten Bibliothek des letzten Rosenbergers, jenes Peter Wok (f 6. November 1611), dessen Name durch das ,Schóne Blumenfeld" des Theobald Hock auch mit der deutschen Literatur und durch diesen Abenteurer mit den politisch-religiósen Wirren des be- ginnenden 17. Jhs. verkniipft ist. Die reiche und ausgewählte Sammlung von Biichern und Handschriften, die sich nach einander in Bechyń, Krummau und Wittingau befunden hatte, zählte nach dem Zeugnis ihres Verwalters Wenzel Březan, der sie zwischen 1602 und 1608 katalogisiert hatte, gegen 11000 Nummern.!) 1647 wanderte diese Familienbibliothek, die mit einem Teil des Rosenbergischen Erbes nach des kinderlosen Peter Tode auf Grund des im J. 1600 mit der Krone geschlossenen Vertrages von dem leidenschaftlichen Sammler Rudolf II. als Heimfallgut bean- sprucht worden war, nach Prag. Hier wurde sie 1648 die Beute Kônigs- marks, der sie mit der kostbaren königlichen Kunst- und Schatzkammer, zu der Rudolf den Grund gelegt hatte, nach Schweden überführen liess, nachdem 1646 die Dietrichsteinsche Bibliothek in Nikolsburg und ein grosser Teil der Büchereien des Olmützer Domkapitels und der dortigen Klôster demselben Schicksal anheimgefallen waren. Ende Mai 1649 langten die literarischen und die Kunstschátze in Stockholm an, wo die gelehrte Kónigin Christine ihre Ankunít ungeduldig erwartete?) Die Handschriften blieben nach Dudík 84 im Besitze der Kónigin, die Bücher wurden an Bildungsanstalten verteilt. Wiederholt wurden von Bóhmen aus Versuche gemacht, diese literarischen Schütze wenigstens kennen zu lernen: so von Dobrovsky auf seiner Reise nach Schweden und Russland 1792, von Pecírka 1850, mit grósstem Erfolg von Dudik 1851, von Flajshans 1896—97.* Auf Veranlassung Dudiks wurde 1878 ein Teil dieser böhmisch-mährischen Beute an Oesterreich zurückge- stellt, nachdem Kaiser Franz Josef der Sache seine Förderung hatte angedeihen lassen und der König von Schweden und der Stockholmer Reichstag in die Rückstellung eingewilligt hatten. Unter den zurückge- kehrten Schätzen befinden sich neben unserer Legende die Lobkowiczi-

) Vgl. B. Dudík, Forschungen in Schweden für Mährens Ge- schichte. Brünn 1852. S. 51 ff, 74 ff, und die Literatur bei Zíbrt, Bibliografie č. hist. I 4239 ff, V 16442 ff. sowie III 10553 ff. und V 16401 ff. ,, Vidi, tractavi, laudavi, stupui et admiratus sum tot raritates, non minus quam antiquitates bibliothecae huius" rühmt (Dudík S. 51) ein Zeitgenosse diese Bibliothek.

?) Vgl. ihren Brief an den Kommandanten von Wismar bei Dudík S. 60 und die Beschreibung des Weges nach Schweden Dudík S. 54 ff.

3) Vgl. auch Dudíik 5 ff.



Text viewManuscript line view