[1] |
|
---|
[2] |
Der demokratische Zug des Hussitismus kommt auch bel Chel-
|
---|
[3] |
čický zur Geltung, Gleichheit und Brůderlichkeit sind bei ihm For-
|
---|
[4] |
derungen des göttlichen Gesetzes, da aber dieses Staat und Gesell-
|
---|
[5] |
schaft nicht regelt, sondern eigentlich aufhebt, so konnte in seiner
|
---|
[6] |
Lehre ein politisches Programm keine Stelle finden. Die mit der Auf-
|
---|
[7] |
lösung des Staates gleichbedeutende Reform müsste Chelcickys Ansicht
|
---|
[8] |
gemäss von denjenigen ausgehen, die da herrschen und die sich ihrer
|
---|
[9] |
Rechte und Vortheile freiwillig entsagen müssten. Dies ist aber nicht
|
---|
[10] |
zu erwarten. Die Revolution kann aber die Reform nie zu Stande brin-
|
---|
[11] |
gen, da der Christ niemals Gewalt anwenden darf.
|
---|
[12] |
Ein Gegenstück zu der Schilderung der weltlichen Stände bildet
|
---|
[13] |
bei Chelcicky in dem Netze des Glaubens das Bild der geistlichen
|
---|
[14] |
Rotten, vor allem der Mónche.
|
---|
[15] |
Alle Orden versündigen sich gegen das Gesetz Gottes, das für
|
---|
[16] |
alle Christen genügend ist; sie wollen aber etwas besseres gefunden
|
---|
[17] |
haben, als der Weg ist, den Gott selbst gezeigt hat. Die Begründung
|
---|
[18] |
der Orden war eine Sünde, der Grundstein des Klosters ist Gottes-
|
---|
[19] |
listerung. Die Bettelmónche missachten insbesondere das Wort des
|
---|
[20] |
Apostels: wer nicht arbeitet, der soll nicht essen. Nirgends, weder im
|
---|
[21] |
alten noch im neuen Gesetze, ist das Betteln geboten.
|
---|
[22] |
Die Rotte der Pfarrgeistlichkeit verdankt ihren Ursprung Con-
|
---|
[23] |
stantin, der befahl, Kirchen zu bauen und mit Grund und Boden zu
|
---|
[24] |
dotiren; dann kam der Zehent hinzu mit anderen Abgaben. Gábe es
|
---|
[25] |
kein Kirchengut, so gübe es auch diese Priester nicht; sie sind
|
---|
[26] |
Brunnen ohne Wasser, Wolken ohne Regen, aber keine Nachfolger
|
---|
[27] |
der Apostel, die dadurch ihr Amt antraten, dass sie der Welt ent-
|
---|
[28] |
sagten. Dann ist auch das Patronatsrecht mit vielen Gefahren für
|
---|
[29] |
seine Innhaber verbunden. Es ist erst mit dem Kirchengute aufge-
|
---|
[30] |
kommen, eben so wie die Einrichtung der Kirchenspiele, die Zuthei-
|
---|
[31] |
lung der Glàubigen an bestimmte Kirchen. — Verwerflich sind ferner
|
---|
[32] |
die gelehrten Rotten, eitel ist die Gelehrsamkeit der Magister der
|
---|
[33] |
Collegien; sie hat Christi Gesetz verfálscht.
|
---|
[34] |
Alle diese Rotten sind das Gefolge von Kaiser und Papst: sie
|
---|
[35] |
sind mit ihnen, den zwei Walfischen, in das Netz des Glaubens ein-
|
---|
[36] |
gedrungen. Seitdem ist das Netz durchlóchert. Der Verfall der Kirche
|
---|
[37] |
gipfelt aber und stellt sich vorzüglich im Papsttum dar. Der Papst
|
---|
[38] |
empfieng vom Kaiser Ehre und Macht und Reichtum, während die
|
---|
[39] |
Und Christus hat sie gekauft, nicht um Gold und Silber, sondern um sein Blut.
|
---|
[40] |
Beim Gericht wird Gott dir sagen: , Was du dem Geringsten von den Meinigen
|
---|
[41] |
gethan, hast du mir gothan. Fahre zur Hölle!“
|
---|