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es sagen darf, wie eine Hökersfrau, die auf dem Markte sitzt, und
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Pflaumen verkauft. Und noch mehr. Denn das Sakrament ist jedermann
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zugänglich, der es nur haben will, während die Hökersfrau einen Preis
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angibt und Bezahlung fordert; die Priester aber fragen nicht nach dem
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Gewissen und dem Wandel des Menschen. Die Hökersfrau besieht die
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Münze und zeigt sie, wenn sie ihr unbekannt ist anderen und frägt den,
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zu dem sie Vertrauen hat. Aber jene wollen nichts wissen und fragen
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nicht nach dem Gewissen und dem Wandel derjenigen, denen sie das
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Sakrament reichen. Sie reichen es jedermann ohne Unterschied, sie tragen
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es in den Krieg, wo Mord und Raub herrscht und bedienen Mörder und
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Räuber. Und daheim bleibt das Sakrament ohne Unterlass ausgestellt
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für die ärgsten Sünder und sie spenden es Räubern, Dieben, Wucherern,
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Trunkenbolden, Gewaltthätern und allerhand mächtigen Menschen ohne
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Wahl; nur wenn sie jemanden ihretwegen ziirnen, wenn jemand ihnen
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irgendwie widerstrebt, den werden sie vielleicht ausschliessen... Aber
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den Mördern spenden sie und belasten nicht ihr Gewissen. Denn es ist
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bekannt, dass die Magister als mit ihnen darüber gesprochen wurde, wie
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sie es mit den Mördern halten wollen, die im Kampfe morden, sagten;
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sie dürften deswegen das Gewissen dieser Mörder nicht belasten. Und
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von Räubern, die im Kriege rauben, sagten sie, dadurch werde der Feind
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mürbe gemacht und zur schnellen Unterwerfung vermocht. Und diesen
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Ausflüchten der Magister gemäss, morden und rauben die Prager und die
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Taboriten. Ich aber frage: hat Gott sein Gebet widerrufen, das lautet:
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Du sollst nicht tödten! Du sollst nicht stehlen! Du sollst nicht des
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Nächsten Gut begehren und wegnehmen! Wenn er es nicht widerrufen,
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so muss es in Prag und in Tabor erfüllt werden, und die Magister und
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Priester bethören das Volk, wenn sie die Übertretung der Gebote ent-
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schuldigen und den Übertretern Christi Leib und Blut reichen, denn die
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Mörder werden doch schuldig des Leibes und Blutes Christi... Auch du,
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Bruder, sieh dich vor, dass du diese Dinge nicht leicht nehmest und
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dich und andere nicht verführest, wenn du jedermann zulässest und
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niemand prüfest, um sein Gewissen kennen zu lernen. Denn die Menschen
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irren gar schwer in vielen Dingen und sind allzeit bereit, zum Altar
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zu treten, als ob sie gerecht wären. Viele wissen es selbst nicht, wie
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sehr sie die Welt lieben mit ihrer Ehre und Pracht, nach ihrem Reich-
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tum trachten und Gefallen finden in der Schönheit und Zierlichkeit
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der Kleider von ausgewählten Farben und von grossem Werthe,... wie
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eifrig sie Gut zu erwerben bestrebt sind im schlechten Handel... Da
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nun die Magister und andere Priester sagen, ihre Ordnungen und Dienst-
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barkeiten der Sakramente seien den Ordnungen der ersten apostolischen
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Kirche gemäss, so wird ihnen Glauben geschenkt... Wie sehr sie aber
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davon entfernt sind, beweisen die Worte des Dionysius, auf den sie sich
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zumeist berufen, und anderer alten Christen...

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Sieh, Bruder, das Zeugnis derjenigen, die die apostolische Ordnung
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bei dem Dienste der Sakramente kannten, dass nur die dabei zugelassen
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wurden, die der Sakramente würdig waren. Die übrigen aber wurden. aus-
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geschlossen von Anblick und Genuss der Sakramente, und die Priester,
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die die Wissenschaft der Schlüssel besassen, fragten und erfuhren, welche


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