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ausgesetzt werden kann. Gibt es keine geeigneten Personen, so wäre
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es für die Christen besser ohne Priester zu bleiben. Aber auch in
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diesem Falle soll der gute Laie sich das Priesterrecht nicht anmassen:
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er kann andere belehren,") er darf aber nicht consekriren. Dieses
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Vorrecht will Cheléickÿ selbst dem bósen Priester nicht absprechen,
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so schwer es ihm auch fällt, den Judas darin dem h. Petrus gleich-
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zustellen. Wie es aber komme, dass Dorne Trauben tragen kónnen,
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ist ein góttliches Mysterium, dessen Lösung indessen Chelčický
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mit anderen darin findet, dass er in Gott den wahren Urheber des
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Sakramentes erblickt, dem Priester aber das dienstbarliche Thun
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allein zuschreibt. Wird demnach das Zustandekommen der Sakramente
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als unabhängig von der moralischen Qualität des Priesters aufgefasst,
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so hängt diese Ansicht ebenso mit der Abendmalslehre Chelčickýs zu-
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sammen, wie der Umstand, dass er an der manducatio impiorum
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festhält. Es gibt aber doch eine Bedingung auf Seiten des Priesters:
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der rechte Glaube. Diejenigen, die der Zeichenlehre anhängen, die
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sich zur Transsubstantiationslehre bekennen, consekriren nicht. ®)

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Welche Stelle gebührt Peter Cheléicky in der geistigen Bewegung
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des 15. Jahrhundertes? Was ist sein Eigentum, was hat er von
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anderen übernommen und woher stammt es?

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Es ist kaum möglich, bei jedem Grundgedanken, den er aus-
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gesprochen, die Provenienz festzustellen. Wenn Chelcicky den Verfall
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der Kirche von der Zeit Constantins und Sylvesters datirt, so weiss
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man, dass er diesen Satz nicht zuerst aufgestellt hat. Arnold von Brescia,
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Dante, Wiclif haben dasselbe ausgesprochen, die Waldenser haben
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dasselbe gelehrt, das Mittelalter hat an die Schenkung Constantins
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geglaubt und an dieselbe Argumente geknüpft, sei es um die
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Macht und Herrschaft der Kirche zu vertheidigen, sei es um sie
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anzugreifen. Diejenigen, die in dem. Reichtum und in der weltlichen
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Macht das Gift erblickten, das die Kirche zerstórte, mussten zu der
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Ansicht gelangen, die Wiederherstellung derselben sei durch das Auf-

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!) Die Anhôrung der Beichte durch einen Luien fällt unter diesen Gesichts-
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punkt.

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2) Vgl. den Traktat von den Sakramenten. Dass auch die Anhänger der Trans-
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substantiationslehre nicht consekriren, sagt Chel&icky in dem Traktate vom Leibe
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Christi. Sie seien daran erkennbar, dass sie sich dem Kelche widersetzen und
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sollen nicht minder gemieden werden als die Pikarden unter dem Kelche*. Dies
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alles folgt bei Cheldicky aus dem Grundsatze, die Sakramente seien nur bei stif-
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tungsmüssiger Verwaltung wirksam. Auch bei denjenigen sei der Leib Gottes nicht
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zu finden (sie consekriren nicht), die die geweihte Hostie zur Anbetung ausstellen.


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