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Archivs vom Jahre 1598 ist weniger gründlich und ausführlich
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als das »Register der zehn Truhen« des Matouš von Chlumčan.
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Der Inhalt der meisten Urkunden ist abgesehen von dem der
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wichtigsten Privilegien nur sehr summarisch angegeben. Immer-
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hin erscheint dieses Inventar, wenn man bedenkt, daß es in
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sieben Tagen hergestellt wurde, als eine ganz ansehnliche Lei-
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stung. Der Verfasser dieses Inventars ist uns unbekannt. Ein
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Mitglied der Kommission wird es kaum gewesen sein. Es ist
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aber nicht unwahrscheinlich, daß Peter Vok von Rosenberg, der
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hervorragendste unter ihnen, seinen in derartigen Inventarisie-
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rungsarbeiten erprobten Archivar Wenzel von Březan mit nach
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Karlstein genommen hat, der offenbar nur allein im Stande
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gewesen sein wird, jene Inventarisierung in so kurzer Zeit
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durchzufiihren. In dieser Beziehung wird es notwendig sein, das
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Karlsteiner Inventar des Jahres 1598 und die auf uns gekomme-
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nen Inventare Wenzel Březans in Bezug auf Anlage und Form
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der Inhaltsangaben einer vergleichenden Betrachtung zu unter-
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ziehen. i

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Als die Passauer Söldner im Jahre 1611 im Lande einfielen,
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mußte das böhmische Kronarchiv in seiner Gänze von Karlstein
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nach Prag geschafft worden. Die Stände befürchteten nämlich,
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daß die Passauer gegen Karlstein ziehen würden, um sich dort
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im Sinne des Königsplanes Erzherzogs Leopold der böhmischen
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Krone zu bemächtigen. Am 7. Februar 1611 abends wurde des-
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halb angesichts der drohenden Gefahr die Krone mit den »be-
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rühmten Privilegien, Majestätsbriefen und Freiheiten«, von 500
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"Musketieren und 300 Reitern eskortiert, unter einem großen
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Auflaufe des Volkes auf die Prager Burg in die Wenzelskapelle
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gebracht. Hier wurde die Krone mit den Landesprivilegien »in
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der kruft under der erden, da der leichnam des heiligen Wenzes-
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lai ligt, verwarter deponiert«. Tag und Nacht hielten hier die
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Landesoffiziere mit Mitgliedern des Herrn- und Ritterstandes
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und 300 Musketieren Wache. Als die Passauer nicht ohne Sold
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abziehen wollten, drohten sie den Ständen, ihnen die böhmische
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Krone mit allen Privilegien und der Landtafel wegzuführen.
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Da befiel merkwürdiger Weise die sonst um ihre Privilegien so
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sehr besorgten Stände eine gewisse Gleichgültigkeit. Sie erklär-
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ten, »wenn man ihnen auch schön die Originale wegnehmen
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möchte, so hätten sie auch noch von ihren Privilegien, welche
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sowohl bei der Kron als bei der Landtafel vorhanden sein, Ab-
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schriften, die man auch wohl, wie vor Zeiten oft geschehen,
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wieder renovieren und umfertigen könnte«. Nachdem die
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Passauer abgezogen waren, wurde das alte böhmische Staats-
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archiv wieder nach der Burg Karlstein zurückgebracht, um
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daselbst nur noch 8 Jahre zu bleiben und nie wieder dahin zu-
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rückgebracht zu werden. Am 22. Juni 1619 lieBen die Direkto-


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