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XVIII

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genauer ausgeführte Szene V. 2887—2914. Besonders fällt eine starke
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Neigung für den Dialog beziehungsweise Monolog auf. Von den 3519
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Versen der Legende haben nicht weniger als 1834 Verse 52"/, Gespráchs-
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form! Leise Andeutungen der Quellen werden geschickt und nicht un-
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dramatisch in Gespráche umgesetzt oder solche auch ohne Anrefung
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der Quelle erfunden. So V. 256 ff. das Gesprüch der Katharina mit
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der Dienerin; aus der Andeutung K 238 cum ex nuncio audisset ent-
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steht die Szene mit dem Ritter des Gefolges V. 1160—1183; die kurze
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Angabe im Eingang der conversio: Hic cum filio imperatoris Maxencio
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accusatus fuisset etc. wird in der tech. Legende zur lebendigen Szene
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V. 46 iL erweitert, die Erben als Beziehung auf die deutschen Rat-
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geber am Hofe Wenzels II. zur unhaltbaren Datierung der Legende auf
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das Ende des 13. Jhs. benutzt. Das Gespräch mit dem Henker V. 3308
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ff. fehlt in der Quelle. Ueberhaupt ist eine starke Neigung zur Fülle
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des Ausdruckes, die oft ermüdend wirkt und nur zum geringen Teil
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auch den lateinischen Quellen eignet, unverkennbar. Man vergleiche,
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wie der Dichter die plane lateinische Zeile: utrum sit sanus uel infir-
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mus, sapiens uel stultus, pulcher uel turpis in den V. 287 ff. erweitert
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und die Begriffe variiert, wie er die Anreden häuft (V. 454, 601, 1067,
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1664 u. 6.), die Beinamen Marias vermehrt (V. 827), das Hereinbrechen
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der Nacht auf der Burg (679), die Wiese, auf der die erste Vision statt-
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findet (710), die Versammlung der Edlen vor dem Kaiser (1622) schil-
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dert u. a.

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Stellenweise mildert der Dichter heftige Ausdrücke der Quelle
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{vgl. V. 1768 ff. zu K 258 Necdum verba virgo etc., V. 2036 ), stellen-
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weise verstárkt er sie, wie in der heftigen Anrede Katharinas an die
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Redner V. 1661 , wo die lateinische Quelle die Jungfrau als ,fidens
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in domino, corde tacito" darstellt, die heftigen Worte aber dem Kaiser
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in den Mund legt. Vgl weiter die heftigen Schimpfworte des Kaisers
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V. 2138 ff. (K 265) u. a.

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13. Zwei grosse Stellen finden sich in den lateinischen Quellen nicht:
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die Schilderung jener traumhaften Oertlichkeit, in welcher die Vermáhlung
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der Heiligen mit Christus vor sich geht V. 962 ff., und das an ihrem
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gepeitschten Kórper erscheinende Farbenwunder 2271 ff., wo die sechs
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Farben: griin, weiss, rot, schwarz, blau, gelb (golden) zum Teil symbo-
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lisch gedeutet werden. Vgl. zu dieser Stelle die Nachweise von Pelikan
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LF 18, 66 und 71 £, der die deutsche Farbenliteratur des 14. und 15-
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Jh. heranzieht, ohne eine Quelle fiir diese eigenartige Stelle angeben
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zu können, was auch uns nicht gelungen ist.

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Ueber den Ort der Vermählung hat der Dichter mit feinem
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Verständnis für die Bedeutung dieses Aktes als Hebels der weiteren
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Handlung allen Glanz der Schilderung gebreitet. Kein sterbliches
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Auge hat je ein so prunkvolles Gemach geschaut, dessen Boden aus
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Beryll bestand, dessen Wände in Gold gefasste Demanten bildeten,
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dessen Fenster Smaragde und Saphire waren im Verein mit den mannig-
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fachsten Edelsteinen statt des Glases, während an dem Gewölbe Sonne,
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Mond und Sterne wie auf dem Firmamente wandelten, die Zeiten an-
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sagend. Auf zwei prachtvollen Thronen erscheinen da in himmlischem


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