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Vorgánger des Sylvester nach Apostelart in Armut und Demut sich
der Arbeit, der Predigt und anderen Dienstbarkeiten widmeten. Dem
Kaiser an Macht gleich, ja ihn übertreffend, hat sich der Papst sogar
Gottes Macht angemasst, nämlich die Macht die Sünden zu vergeben,
das Gesetz Gottes aufzuheben und zu verändern. Er hat den leben-
digen Glauben in äussere Gebete und Ceremonien verwandelt, den
Gottesdienst der primitiven Kirche, die kein vorgeschriebenes Gebet
ausser dem Vaterunser, keine Ornate, keine kirchlichen Gebäude ge-
kannt, abgeschafft. Er ist der erste und oberste Antichrist, der Gipfel
der Verleitung.?)
Diese Verleitung besteht hauptsächlich darin, dass die Kirche
das unmittelbare Verhältnis der Menschen zum Schöpfer und zum
Heiland aufheben will. Sie masst sich an, das Heil zu vermitteln, ja
zu schaffen, indem sie es von der Erfüllung ihrer Gesetze abhängig
macht. Die Kirche begeht dadurch einen Raub am Kreuze Christi.
Den gekreuzigten Heiland, den Mittler, will sie verdrängen und an
seine Stelle sich und ihre Heiligen setzen. Das Dogma, dass der Sohn
Gottes Mensch geworden ist, hat die Kirche unverfälscht bewahrt und
gegen Ketzer mit Erfolg vertheidigt: aber ihr Glaube ist blind und
todt. Gar schwer sind jedoch die Gefahren der Verleitung zu erkennen
und zu meiden, denn die schwersten sind verdeckt unter dem Scheine
des Guten, gekleidet in das Gewand des Gesetzes.
Das unmittelbare Verhältnis des Menschen zu Gott wird, wie
Chelčický überall lehrt, durch den lebendigen Glauben begründet.
Der Glaube, dass Christus, der Sohn Gottes, für uns gestorben, ist
überall unter Christen — guten und schlechten — zu finden: das wahre
Christentum bethätigt sich aber in der Nachahmung Christi. Was
gut ist, erkennt der Mensch am sichersten daran, dass es Gott ge-
bietet: ohne dieses Kennzeichen kónnte er das Gute nicht immer er-
kennen. Das Vorbild Christi ist aber ebenso verbindlich wie das
Gesetz.
Man darf jedoch nicht glauben, dass diese Auffassung des Chri-
stentums als Nachahmung Christi bei Cheléickj den ganzen Begriff
desselben erschopft. Christus ist ihm nicht allein Lehrer und Vor-
!) Cheldicky erwartet am Ende der Tage weder das tausendjährige Reich
noch die Erscheinung des Antichrists. Der Antichrist ist kein bestimmtes Indivi-
duum: diese Auffassung bekämpft er ausdrücklich.
2) Die Gelehrten vertheidigen Christum gegen die Ketzer, sind aber doch
weit von ihm entfernt, namentlich „wenn die Wahrheit seiner Armut gepredigt
wird und der enge Weg gegen ihren Geiz und ihre Lustbarkeiten“ (Postille). —
Sie sind „die Feinde seines Kreuzes“.
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