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er in Christo das Musterbild, dem der Christ namentlich in seiner
Demut, Sanftmut und Armut nachstreben soll, so wie den beständigen
Mittler und Fürbitter erblickt, wenn er nur die freie Erfüllung der
Gebote als wertvoll und verdienstlich erklärt und dabei neben der Gnade
auch den Werken einen Wert vor Gottes Barmherzigkeit zugesteht,
wenn er den Heiligenkultus verwirft: so sind dies alles Sätze, die an
Wiclif erinnern. An ihn lehnt sich Chel&icky an in seiner Sakrament-
lehre, ihm verdankt er seine Abendmalslehre. Die Transsubstantiations-
lehre bekämpft er mit Wiclifs Argumenten, den Taboriten gegenüber
weist er. nach, dass sie mit Unrecht ihre Lehre mit seiner Autorität
decken. Mit Wiclif theilt Chelčický die radikale Opposition gegen
die bestehende Kirche.!) Und doch findet diese Übereinstimmung
eine Gränze.
Sein Verhältnis zu Wiclif hat Cheléickÿ selbst in der Replik gegen
Rokycana ganz bestimmt und treffend ausgesprochen. „Ich achte Wiclif,“
so lauten seine Worte, „vorzüglich deswegen, da ich von ihm höre, nie-
mand unter den alten und auch unter den jetzigen Doktoren habe
so gut gesprochen und geschrieben gegen das Gift, das der h. Kirche
eingeflösst ist, und aus dem der oberste Antichrist entsprossen ist...
Aber der h. Petrus hat die Christen gelehrt, Christus habe für uns
gelitten und uns ein Beispiel hinterlassen, auf dass wir eintreten in
seine Fussspuren... Das habe ich mit dem Glauben erfasst, und
käme jetzt Petrus vom Himmel und gebóte, es solle das Volk unter
die Waffen treten, um durch die weltliche Macht die Wahrheit zu
vertheidigen und das Gesetz Gottes zu befreien: ich glaubte ihm
nicht mehr..." Die Lehre von der weltlichen Macht, die Lehre vom
Staate in seinem Verháltnis zur Kirche ist der Punkt, an dem die
Übereinstimmung Cheltickys mit Wiclif — und auch das Bewusstsein
dieser Übereinstimmung — aufhórt.?) Nach Wiclif soll zwischen Kirche
und Staat — Harmonie bestehen, nach Cheléicky soll es zwischen bei-
den kein Verhältnis geben. Und das ist, wenn ich nicht irre, das
Eigenartige des Mannes. Es ist nicht da zu finden, wo er mit Wiclif,
wo er mit den Hussiten und unter ihnen namentlich mit den radikalen
Taboriten übereinstimmt, sondern das charakterisirt ihn, worin er
") Citirt wird Wiclif in der Replik gegen Biskupec, in dem Traktat von den
Sakramenten; in der Replik gegen Rokycana.
?) In dem Traktate von dem dreifachen Volke bekämpft Chelčický die An-
sicht eines Taboriten, die (streitende) Kirche habe drei Bestandtheile: den Clerus,
die Krieger (d. h. den Staat) und das Volk. Diese Ansicht geht offenbar zurück
auf Wiclifs Traktat De Christo et suo adversario Antichristo. (Ausgabe von R.
Buddensieg. Gotha 1880.)