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welche dem heiligen Elias geweiht war, oder vielleicht in der
Nowgoroder Sophienkathedrale haben bereits die Kiewer Groß-
fürsten nicht nur ihre wertvollen Kostbarkeiten, sondern auch
wichtige Urkunden wie z. B. die beiden berühmten griechisch-
russischen Friedens- und Handelsvertráge aus dem Jahre 911
und 945 in Verwahrung gehabt; dort muß sie der Verfasser der
Nestorchronik vor Augen gehabt haben. Man kann darin den
Einfluß von Byzanz erblicken, wo die Institution der Archive
eine allbekannte Einrichtung war und wo in der Sophienkathe-
drale zu Konstantinopel unter den Gegenständen des Staats-
schatzes wertvolle Staatsurkunden verwahrt wurden. So wur-
den auch in der Uspenskij Kathedrale im Moskauer Kremel, der
alten Krönungskirche der russischen Zaren, die wichtigsten
Moskauer Staatsurkunden unter dem Altar im Allerheiligsten
aufbewahrt.
L 11. Die Pápste haben schon seit dem Pontifikate Gre-
gors II. die wichtigsten Urkunden der römischen Kirche, wie
die Schenkungen der römischen Kaiser u. a. mehr am Grabe
des Apostels Petrus in der ihm geweihten Basilica verwahrt.
In der Confessio beati Petri, an der Tumba des Apostelfürsten,
finden wir auch Bücher hinterlegt. Doch auch der Charakter
des zweiten päpstlichen Scriniums wird kein anderer gewesen
sein. Hinsichtlich des letzteren werden wir auch eine Verbindung
von Urkundensammlung und Bibliothek mit dem Schatze an-
zunehmen haben. Und auch die päpstlichen Schatzverzeichnisse
lassen dann keinen Zweifel über die Beziehungen von päpst-
licher Urkundensammlung und dem Schatze aufkommen. So
heißt es von den Privilegien und Registerbüchern der römischen
Kirche, als sie im Jahre 1339 von dem päpstlichen Schatzmeister
Joh. Amelio verzeichnet wurden, daß sie »in thesauro, qui con-
servatur in archivis ecclesiae Romanae, existunt«.
I. 12. Schon seit den ältesten Zeiten wurden die Urkunden
der bischöflichen Kirchen und Klöster in den Kirchen selbst
oder in besonderen Räumlichkeiten neben denselben, in den
Sakristeien, bei dem Kirchenschatze verwahrt. Hier lagen sie
oft in besonderen Schränken oder Truhen, Allmern (entspricht
d. lateinischen armarium) neben den Heiligtümern, den Kost-
barkeiten, kirchlichen Gewündern und Geldern. Bei den Kirchen
gab es gewöhnlich zwei Sakristeien, die eine diente zum tágli-
chen Gebrauch, die andere zur Aufbewahrung der Kostbarkeiten
und der Kloster-, beziehungsweise Kirchengeráte. Die Schatz-
kammer war gewóhnlich die »obere« Sakristei. Diese bildete in .
vielen Füllen einen gewólbten Raum über der eigentlichen, der
Vorbereitung zu den kirchlichen Handlungen dienenden Sa-
kristei.
I. 13. Auch die Städte haben im Mittelalter ihre wertvollen