Betreff: Österreichische jüdische Flüchtlinge – Versuch
ihrer Beförderung in die ČSR.
Am 31. März 1938 um 14 Uhr machte Dienstmann Klein darauf aufmerksam, dass sich an der tschechoslowakisch-österreichischen Grenze bei Bratislava in der
Grenzstation Berg
auf tschechoslowakischem Gebiet aus Österreich
ausgewiesene, delogierte jüdische Flüchtlinge befinden,
deren Lage hoffnungslos ist, und beantragte Ermittlungen und nach Möglichkeit Schutz für
sie.
Das Präsidium der Landesbehörde in Bratislava, dem
auferlegt wurde, die Sache zu untersuchen, erstattete am 1. April
1938 um 9 Uhr vormittags (am Telefon Offizial Frančik) folgenden Bericht:
“Am 30. März 1938 um 17.50 Uhr wurden etwa 40 Personen
österreichischer
Staatsangehörigkeit und jüdischer Herkunft (Männer, Frauen
und Kinder), aus Frauenkirchen im Burgenland abstammend, mit einem Reisebus und einem
Lieferwagen zur österreichischen Passkontrolle in Berg befördert. Die
Kraftfahrzeuge mit ihnen blieben bei der österreichischen Zollbehörde in Berg stehen. Zur gleichen Zeit
wie diese Personen traf in einem gemieteten Personenwagen mit dem Kennzeichen S-371 auch der
tschechoslowakische Staatsangehörige Pavel Haberfeld ein, geboren am 13. Januar 1911
in Piešťany,
heimatberechtigt in Bratislava und wohnhaft in Bratislava,
Štefanovičova-Str. Nr. 6.
Haberfeld kam in Begleitung eines
österreichischen Finanzorgans zur tschechoslowakischen
Passkontrollstation in Berg und verlangte die Einlassung aller angeführten Personen, die angeblich
aus Österreich ausgewiesen wurden, in die ČSR. Dies wurde ihm
jedoch verweigert. Haberfeld und das
österreichische Finanzorgan kehrten deshalb auf österreichisches Gebiet zurück.
Etwa um 20 Uhr, ebenfalls am 30. März 1938, wurden die
erwähnten und aus Österreich ausgewiesenen Personen von österreichischen Finanzorganen auf den Weg Richtung Kittsee befördert, wo sie
bei einem Schober im Feld in Gruppen zu drei
Personen aufgeteilt wurden. Diese Dreiergruppen sollten illegal über die
tschechoslowakische Grenze in die ČSR befördert
werden. Weil die tschechoslowakischen Grenzen streng überwacht werden, war es nicht möglich,
die besagten Personen zu uns zu
befördern, und deshalb wurden sie am 31. März 1938 gegen
Morgen zur ungarischen Grenze abtransportiert, wo sie die österreichischen Finanzorgane etappenweise nach Ungarn überführten.
Die erwähnten etwa 40 Personen befinden sich
derzeit auf dem Polizeikommissariat in Karlburg.
Nach der Meldung der tschechoslowakischen Passkontrollstation in Berg steht in der Ortschaft
Pandorf in
Österreich angeblich bereits ein weiterer Transport von Personen jüdischer
Herkunft zur Beförderung über die tschechoslowakische
Grenze bereit. Infolgedessen hat die Polizeidirektion in Bratislava die Bewachung
an der Staatsgrenze verstärkt.
Die Landesbehörde in Bratislava hat die staatlichen Polizeibehörden in Gockern und in Komorn, sowie die
Bezirksbehörden in Bratislava und in Malatzka über die
Angelegenheit verständigt und sie angewiesen, strenge Maßnahmen zu ergreifen um den
Übertritt der genannten Personen über die
Grenze aus Ungarn
und aus Österreich in jedem Fall zu verhindern.“
Dr. Sp.