[...]
Präsidium des Innenministeriums
12. März:
Die Witwe von Kanzler Dollfuß ist in die ČSR
einzulassen, wenn sie dieses versuchen sollte.
[..]
Die Landesgendarmeriedirektion in Brünn
12. März:
Gegenüber des Direktionsbereichs der Gendarmeriestation
Schattau
patrouillieren uniformierte und nicht-uniformierte Mitglieder der SA, das
heißt zwischen zwei Zivilpersonen ist immer ein Uniformierter. Dasselbe gegenüber
des Direktionsbereichs der Gendarmeriestation in Freistein.
[...]
Finanzabteilung Stallek,
Bezirk Znaim: Die Grenzen sind stark besetzt mit Wachen in
Zivilkleidung mit Hakenkreuzzeichen und auch mit Uniformierten. Die Wachen haben
alte Jäger- und Militärflinten und werden von Mitgliedern der Zollwache, die sie auch kontrollieren,
in den Dienst eingeführt.
[...]
Am 12. März 1938 um 15 Uhr telefoniert das Präsidium des Innenministeriums (Dr. Matějka):
Die Anweisung, dass allen österreichischen
Staatsangehörigen aus Österreich der Einlass in die ČSR. zu
verwehren ist, auch wenn sie ordnungsgemäße Reisepapiere haben, wird in der Weise ergänzt, dass diese Anweisung
nicht diejenigen österreichischen
Staatsangehörigen betrifft, die nachweislich dauerhaft in der Tschechoslowakei niedergelassen sind oder hier Immobilienbesitz,
vor allem Fabrikbetriebe haben, oder auf glaubwürdige Weise nachweisen, dass sie aus
Gründen in die Tschechoslowakei reisen, die im Hinblick auf die hiesigen
Wirtschaftsinteressen notwendigerweise berücksichtigt werden müssen, z.B. wichtige
Geschäftsreisen, Besuche von Messen u. Ä.
Konkret wird außerdem mitgeteilt, dass in Haid, Bezirk Znaim
Kurt Lichtenstern, Besitzer
der Firma Dittmar und Urbach in Znaim, von der Gendarmerie
ergriffen wurde, in Gnadlersdorf, Bezirk Znaim
Fritz Hirsch, Besitzer der Firma
DG Fischel & Söhne, Möbelfabrik in
Niemes und schließlich in Lundenburg
Isidor Zuckermann mit Familie, Generaldirektor und Hauptaktionär der Aktiengesellschaft für
Mühlenindustrie in Očadnica u Časté. Allen dreien ist der Einlass in
die ČSR. zu gewährleisten.
---
Die nachfolgende Weisung wurde am gleichen Tag zwischen 16 und 17 Uhr telefonisch den
Bezirksbehörden in Znaim (mit der
Auflage, auch die dortige staatliche Polizeibehörde zu verständigen), in Mährisch
Budwitz und Datschitz wie auch
der staatlichen Polizeibehörde in Lundenburg
mitgeteilt.
Am 12. März 1938 um 15 Uhr teilt das Präsidium des
Innenministeriums (Dr. Matějka) telefonisch mit:
In Pressburg versuchten deutsche Staatsangehörige, die vor einiger Zeit vor dem Hitlerregime aus Deutschland nach Österreich geflohen sind, die Grenze zu uns zu überqueren.
Derartige Personen sind nicht in die ČSR
einzulassen, selbst wenn sie ordnungsgemäße Reisepässe
haben sollten.
Am 12. März 1938 um 16 Uhr 15 Min. teilt die Zollbehörde in Gnadlersdorf, Bezirk
Znaim telefonisch mit, dass an dieser Station der österreichische
Staatsangehörige
Fritz Hirsch wartet, der auch
bereits das Innenministerium telefonisch ersucht hat, ihm die Einreise
in die ČSR zu gewähren. Der Zollbehörde
wurde mitgeteilt, dass Hirsch in
die ČSR eingelassen werden kann, im Hinblick darauf, dass er hier über
Besitz verfügt und dass er in diesem Sinn auch bereits die entsprechende Weisung von der Bezirksbehörde in Znaim erhalten
hat.
[...]
Die Staatliche Polizeibehörde in Nikolsburg um
10.30 Uhr:
Von der Zollbehörde in Nikolsburg wurden
bis 10 Uhr vormittags insgesamt 6 österreichische
Staatsangehörige zurückgeschickt. Von uns nach Österreich fuhren etwa 6 tschechoslowakische
Staatsangehörige, überwiegend verlässliche Personen. Nach Informationen
von etlichen Personen, unter ihnen auch der französische
Konsul aus Kattowitz, der
nach Polen
zurückkehrt, flogen in der Nacht 150 reichsdeutsche Flugzeuge mit 1.000 SS-Männern in Wien ein. Die
Reisenden werden auf der österreichischen Seite sehr streng durchsucht.
[...]
Die staatliche Polizeibehörde in Lundenburg. Im an
Österreich angrenzenden Gebiet werden Autos mit Reisenden sehr
genau durchsucht, um viele Fälle von Reisenden zu ermitteln, die versuchten, mit dem
Auto über die Grenze Österreichs zu gelangen, sie wurden in Österreich gestoppt, wobei hohe Geldbeträge beschlagnahmt wurden,
die man versuchte über die Grenze zu schmuggeln.
[...]
[...]
Die staatliche Polizeibehörde in Lundenburg um
20.30 Uhr:
Meldet Ruhe, der Verkehr auf den Landstraßen zwischen der ČSR und
Österreich ist normal, der Ansturm von Ausländern in Zügen hat
nachgelassen. In Bernhardsthal warten Beamte auf ihre Vereidigung.
[...]
Das Präsidium des Innenministeriums (Obersektionsrat Dr
Matějka) teilt am 12. März 1938 Folgendes mit:
Der Präsident der Republik erhielt ein Telegramm unterzeichnet von
Arnold Höllriegel, Redakteur
der Zeitschrift
Die Stunde
. Name im Pass
Beermann. Im Telegramm wird an
das menschliche Gefühl des Präsidenten der Republik zu Gunsten der österreichischen Bürger appelliert.
Es ist Bericht zu erstatten, wie viele österreichische
Staatsangehörige in Lundenburg
festgenommen wurden und wie die Lage der Festgenommenen ist. Die Anweisung über die
Rücksendung der österreichischen
Staatsangehörigen behält ihre Gültigkeit.
Nach der Ermittlung wurde dem Präsidium des Innenministeriums Folgendes gemeldet:
Wie bereits vormittags gemeldet wurde, wurden in Lundenburg, im
Frühschnellzug um 2.30 Uhr insgesamt 175 österreichische
Staatsangehörige festgenommen, neben 3 deutschen und 2 polnischen
Staatsangehörigen, die sich in Begleitung österreichischer Staatsangehöriger befanden und freiwillig mit
diesen zurückkehrten. Alle 180 Personen wurden zurückgeschickt. Am Bahnhof gab es
deshalb begreiflicherweise Unruhe, einige Reisende fielen in Ohnmacht, der
herbeigerufene Eisenbahnarzt Dr. Stärk
erklärte die ohnmächtig gewordenen Personen zu Simulanten. Ihre Namen wurden deshalb
nicht einmal ermittelt. Dabei fielen die Worte des oben Genannten, dass er sich beim
Präsidenten der Republik beschweren wird. Am Vormittag und am
Nachmittag hörte der Reiseverkehr beinahe auf.
[...]