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Jindřich Andrial berichtet über die Vorgänge am tschechoslowakischen Generalkonsulat in Wien

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Protokoll über die Dienstreise des Ministerialrats Dr. Jindřich Andrial nach Wien.

Der Unterzeichnende traf am 5. September um 22.20 Uhr in Wien ein. Am 6. September um 9 Uhr fand er sich beim Generalkonsulat resp. vor dem Gebäude ein, vor dem sich Massen von Antragstellern drängten. Ordnung hielten zwei Polizisten, die den Unterzeichnenden erst einließen, als er sich mit dem Diplomatenpass auswies.

In den Gängen des Gebäudes vor der Passabteilung und im ersten und im zweiten Geschoss, wo die Amtsräume der Konzeptsbeamten und Amtsvorsteher sind, war ein solcher Andrang, dass der Unterzeichnende erst von einem Beamten des Konsulats eingeführt werden musste, damit er in den betreffenden Raum gelangen konnte.

Die Mehrheit der Besucher man kann sagen über 70 Prozent waren Antragsteller für eine Grenzempfehlung.

Die Amtsgeschäfte sind nicht nur durch die große Anzahl der Antragsteller, die nicht nur auf dem Gang, sondern auch im Raum des Beamten stehen, erheblich beeinträchtigt, sondern auch aufzehrend durch den Lärm, die Eile, das dauernde Telefonklingeln und Ferngespräche vor allem mit Prag. Den Beamten ist Müdigkeit und natürlich auch eine gewisse Nervosität anzusehen.

Nach einer kurzen Besichtigung des amtlichen Gebäudeteils besuchte der Unterzeichnende den Generalkonsul Herrn Dr. Šebesta in seiner Wohnung, denn dieser war erkrankt. Trotz seiner Krankheit erledigte Herr Generalkonsul alle Amtsgeschäfte, und konnte deshalb mit dem Unterzeichnenden die Angelegenheiten besprechen, die Gegenstand der Dienstreise waren.

Das Ergebnis der Unterredung des Unterzeichnenden mit Herrn Generalkonsul war das Folgende:

Der größte Teil der Antragsteller (90-95 Prozent) sind Arier, die Nichtarier machen höchstens 5-10 Prozent aus.

Die Parteien wenden sich zunächst an die Passabteilung, wo der Oberoffizial Mráz, bei dem sich zur Bearbeitung 2-3 Arbeitskräfte abwechseln, Grenzempfehlungen erteilt.

Problematische Fälle werden dem Behördenvorsteher vorgelegt oder einem Konzeptsbeamten, den der Behördenvorsteher bestimmt. [...]

Laut der strikten Erklärung des Generalkonsuls, ist Herr Mráz ein absolut verlässlicher Beamter und es ist absolut ausgeschlossen, dass er Empfehlungen an Personen vergibt, die diese nicht verdienen, oder sogar gegen Bestechung.

Außerdem ist bei ihm im Gang und im Raum [] ein solcher Andrang, dass jedweder Bestechungsversuch sofort bemerkt würde.

Ein Diebstahl von leeren Vordrucken für die Empfehlung ist gleichfalls ausgeschlossen, da alle Formulare nummeriert sind und sich im Tresor des Generalkonsuls befinden.

Der Verkauf ausgefüllter Empfehlungen und deren Ersetzung durch einen anderen Namen (durch Abwaschen der Tinte) ist gleichfalls unwahrscheinlich, denn die Grenzorgane könnten eine solche Bearbeitung leichtens feststellen.

Empfehlungen werden nämlich im Allgemeinen in letzter Minute erteilt, wenn es dem Betroffenen darum geht, das Gebiet schnell zu verlassen, und deshalb sind sie neu und auf tadellosem Papier.

Der Generalkonsul hat bereits selbst verschiedenen Andeutungen vernommen, dass es möglich sei vom Generalkonsulat Empfehlungen gegen Geld zu erhalten, und hat deshalb seinen Vertrauensmann ersucht, ihm eine solche Empfehlung zu besorgen. Dabei versprach er ihm, dass er ihn mit einer solchen Empfehlung über die Grenze lässt, um wen immer es sich auch handelt.

Selbstverständlich ist dies bisher nicht gelungen.

Damit ist jedoch nicht gesagt, dass gefälschte Empfehlungen nicht existieren, die mit stiller Zustimmung der SS in irgendeinem Büro in der Mariahilfer Straße hergestellt werden und pro Stück Mk 1.200 kosten.

Die Ermittlung dieses Ortes und die Beschaffung einer solchen Empfehlung würde selbstverständlich Geld kosten und es dürften keine hohen Preise sein, da ein event. Eingriff bei den deutschen Behörden nur dazu führen würde, dass das Büro verzogen ist.

Aus diesem Grund wäre es besser, wenn der Text in der Empfehlung perforiert, oder noch besser durch einen Stempel so auf den Pass gedruckt würde, dass er nicht so leicht gefälscht werden kann.

Weiterhin würde es sich empfehlen, dass wenigstens einmal und höchstens zweimal pro Monat jemand der Bürobeamten aus dem Passreferat an die Grenze fährt und die den Grenzorganen vorgelegten Empfehlungen überprüft, und die betreffenden Organe über event. Falsifikate informiert, die möglicherweise entweder im Text oder in der Unterschrift der Empfehlung auftreten können.

Falls es reichsdeutsche Pässe betrifft, wird die Empfehlung in allen Fällen eingefordert, in denen es um Pässe geht, die nach dem 25. August auf dem Territorium des ehemaligen Österreich ausgestellt wurden, und das solange, bis sich die deutschen Behörden selbst nicht mehr um die Aufhebung der geheimen Reverse kümmern, und bis auch denjenigen Personen Pässe ausgestellt werden, deren Rückkehr nach Deutschland sie sich nicht wünschen.

In Interesse der Beschleunigung der Amtsgeschäfte und zur Verhütung ev. Missverständnisse werden über die Erteilung von Empfehlungen in problematischen Fällen nur Generalkonsul Dr. Šebesta und Vizekonsul Dr. Rudiš entscheiden.

Selbstständig können Empfehlungen an ältere Personen (über 60 Jahre) oder Schwerkranken erteilt werden. In beiden Fällen jedoch nur denjenigen, die entweder mit Unterstützung aus der Tschechoslowakei leben oder von dort eine Rente oder Pension von hier bekommen.

Weiterhin denjenigen, bei denen verbürgt die bloße Durchreise durch das Gebiet der Tschechoslowakischen Republik vorliegt, und bei Bäderreisenden nur denjenigen, die keine Möglichkeit zur Rückkehr nach Deutschland haben, die nicht nur das Visum des 3. Staates haben (ev. ein notwendiges Durchreisevisum), sondern auch eine Bestätigung über eine Anstellung oder eine Aufenthaltsgenehmigung andernorts als in der Tschechoslowakei.

Alle anderen Fälle müssen entweder, wo es um würdige Antragsteller geht, an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten geschickt werden, oder an das Innenministerium, wenn es um Antragsteller geht, die das Generalkonsulat zwar nicht empfiehlt, die jedoch nicht anders erledigt werden können.

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Am selben Tag abends, d.h. am 6. IX. um 20,50 fuhr der Unterzeichnende nach Bratislava und am 7. IX um 11 Uhr nach Lundenburg.

Hier suchte er die Grenzpolizeibehörde auf und war auch unauffällig bei der Passkontrolle während der Ankunft des Wiener Schnellzugs um 15,15U zugegen.

Die Kontrolle verlief tadellos und höflich und alle vorgelegten Empfehlungen waren vollkommen neu und tadellos.

Auf Anfrage des Unterzeichnenden teilten die Polizeibeamten mit, dass sie ohne Empfehlung nur diejenigen Halter von reichsdeutschen Pässen durchlassen, deren Pässe von der ehemaligen deutschen Botschaft in Wien ausgestellt wurden, oder von ehemaligen deutschen Konsulaten auf dem Gebiet des ehemaligen Österreich. In allen anderen Fällen verlangen sie eine Empfehlung vom Generalkonsulat in Wien. Die Anzahl der arischen Empfehlungen beträgt gegenüber den Nichtariern sicherlich 95 Prozent. Abgegebene Empfehlungen (nach der Rückkehr aus der Tschechoslowakei) werden nach Nummern und Monaten geordnet aufbewahrt.

Große Mühen ruft der illegale Übertritt hervor, zu dem es vor allem bei Nikolsburg kommt, wo das Terrain (Wälder) besonders geeignet ist.

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