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Tagesrapport der Gestapo Wien Nr. 8 vom 14. 10. 1938 über den Schmuggel von Jüdinnen und Juden in die ČSR

Date14. Oktober 1938
PlaceWien
CollectionGestapo Wien
Bibliographic referenceDÖW, Bestand Tagesrapporte der Gestapoleitstelle Wien, 1938-1945, 1938, Nr. 8 vom 13. und 14.10.1938. Original auf Deutsch.

Geheime Staatspolizei

Staatspolizeistelle

Wien

Tagesrapport Nr. 8

vom 13. und 14.10.1938

[...]Der Tagesrapport beginnt mit Berichten über die kommunistische Bewegung, die russische Emigration, die katholische Bewegung, Sekten und Juden.

2.) Am 4.9.1938 wurde am Bahnhof in Lundenburg durch einen Grenzkontrollbeamten die Feststellung gemacht, dass eine Gruppe von Juden in Begleitung eines čsl. Kriminalbeamten von einem aus Wien kommenden Zuge abgeholt und unter Umgehung der Pass- und Zollrevision durch den Hauptausgang aus dem Bereich des Bahnhofgebäudes geführt wurden. Einem österr. Zollbeamten gelang es, von dieser Gruppe die Juden

Alfred Kollek, 13.6.1874

zu Velka-Bytca geboren, DR.,

Wien 3., Hauptstrasse wohnhaft,

und dessen Sohn

Paul Kollek, 9.1.1922 zu

Wien geboren, Wien 3., Hauptstrasse wohnhaft,

knapp vor Verlassen des Bahnhofsgebäudes anzuhalten und zu durchsuchen. Die beiden Juden waren in Besitz gültiger Einzelpässe mit einer ordnungsgemässen Ausreisebewilligung für die Tschechoslowakei. Die Genannten gaben übereinstimmend an, dass sie als Juden das Deutsche Reichsgebiet verlassen wollten. Die zur Einreise erforderliche Bewilligung der čsl. Vertretungsbehörden konnten sie sich trotz Bemühungen nicht beschaffen. Sie traten deshalb mit dem arischen Rechtsanwalt

Dr. Adolf Leischner, 24. 12. 1882

zu Friedland/CSR. geboren, DR.,

Wien 2., Czerningasse 19 wohnhaft,

in Verbindung, der angeblich sehr gute Beziehungen unterhalte. Die Beschaffung der Einreisebewilligung durch das čsl. Bundesministerium in Prag war diesem Aber nicht möglich. Durch Verwandte wollten sie nun auf einen gewissen Bondy aus Brünn (näheres Nationale unbekannt) aufmerksam gemacht, mit dem sie in Verbindung traten. Bondy erklärte ihnen, dass er sie ohne Schwierigkeiten in die CSR bringen könne. Sie fuhren mit einem fahrplanmäßigen Zug in Begleitung des Bondy nach Lundenburg, der sie und noch eine Gruppe anderer Juden aufforderte, am Bahnhof in Lundenburg mit ihm den Zug zu verlassen, und ihm in einer geschlossenen Reihe zu folgen. Bondy begab sich zu 2 Herren, die am Hauptausgang warteten, welche dann die Führung übernahmen. Der Portier öffnete im Auftrag der beiden Zivilpersonen die Türe und liess alle ohne Pass- und Zollkontrolle passieren. Es wurde festgestellt, dass die beiden Zivilpersonen Beamte der čsl. Staatspolizei sind. Einer der Beamten namens Novak war im Jahre 1930 bei der čsl. Passkontrolle am Bahnhof in Lundenburg tätig. Der Bahnhofportier rief dem Kriminalbeamten Novak nach, ob die ganze Gruppe zu ihm gehöre, was dieser bejahte. Es konnte weiter festgestellt werden, dass Novak von Lundenburg nach Brünn versetzt wurde, da er im dringenden Verdachte stand, an einem Einbruchsdiebstahl im österr. Bahnhofszollamte beteiligt gewesen zu sein. Die beiden čsl. Kriminalbeamten standen offenbar mit dem genannten Bondy in engster Verbindung.

Bondy wurde in Wien angekündigt, ist aber offenbar seit diesem Vorfall nicht mehr nach Wien gekommen. Die Grenzkontrollstelle Lundenburg berichtet, dass Bondy wiederholt bei Lundenburg nach Österreich eingereist ist.

Dr. Leischner verantwortet sich dahin, dass er lediglich beim Passamt für nichtarische Passwerber in Wien ordnungsgemäss die Ausreisebewilligung besorgt habe.

[...]Der Tagesrapport endet mit Berichten über die Opposition, Wirtschaftsfragen, die Partei und Gliederungen, Abtreibung, Presse und Sonstiges.


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