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Bericht des čsl. Konsulats in Wien über die Fälschung tschechoslowakischer Einreiseerlaubnisse

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Unter dem Eindruck der innenpolitischen Verhältnisse in Österreich bemühen sich tausende vom gegenwärtigen Regime verfolgte österreichische Staatsangehörige-Nichtarier eine ausländische Staatsbürgerschaft zu erlangen oder wenigstens einen Reisepass oder ein anderes Dokument, das ihnen die Flucht oder die Zwangsaussiedlung ins Ausland ermöglicht. In Anbetracht der Nähe und der zahlreichen verwandtschaftlichen Beziehungen bemüht sich eine überwiegende Mehrheit dieser Auswanderer, in die Tschechoslowakei zu gelangen. Die bisherigen Maßnahmen gegen die Immigration haben sich als unzureichendes Provisorium erwiesen, die mit allen Mitteln umgangen werden und dies sogar mit offizieller Hilfe der deutschen Behörden. Das Generalkonsulat erlaubt sich im Interesse der Sicherheit des Staates und zur Aufrechterhaltung des Schutzes unseres inländischen Arbeitsmarktes eine umfassende Meldung vorzulegen und einige Maßnahmen vorzuschlagen, welche die bisherige Praxis unterstützen würden.

Seit dem 11. März d. J. erteilt das Generalkonsulat österreichischen Staatsangehörigen, die im Besitz alter österreichischer Pässe sind, sog. Empfehlungen, auf deren Grundlage die Einreise in die Tschechoslowakei erlaubt ist. Das Generalkonsulat befolgt die allgemeinen Visavorschriften. Falls dem Generalkonsulat dann auch die politische Verlässlichkeit des Antragstellers bekannt ist, hält sich das Generalkonsulat an den Grundsatz, dass der Zutritt nur Personen erlaubt ist, die in dieser Hinsicht unbescholten sind. Das Generalkonsulat hat jedoch keinen Nachweis über die politische Verlässlichkeit österreichischer Staatsangehöriger und ist ausschließlich auf die Meldungen von Vertrautensmänner oder tschechoslowakischen innenpolitischen Behörden angewiesen. Das Generalkonsulat schlägt deshalb vor, dass eventuelle Übertritte österreichischer Staatsangehöriger, die vorübergehend in der ČSR verweilen, unverzüglich den hiesigen Behörden gemeldet werden. Bei wiederholten Anträgen für eine Einreiseerlaubnis wird dem Betreffenden nicht entsprochen.

Angesichts der gehandhabten Entjudung ist österreichischen Staatsangehörigen - Juden die Einreise in die ČSR grundsätzlich nicht erlaubt. In den ersten Tagen nach dem Umsturz erteilten die österreichischen Behörden Nichtariern keine Ausreisegenehmigung. Als die teilweise Entjudung von Handels- und Industrieunternehmen abgeschlossen wurde, waren die völlig verarmten Juden gezwungen in so kurzer Zeit wie möglich Österreich zu verlassen. Da sich die Nachbarstaaten gegen den Ansturm völlig mittelloser Ausländer wehrten, traten viele ungesetzliche Erscheinungen zu Tage, mit denen die Anti-Einwanderungsvorschriften umgangen werden sollten. Dies geschah nicht nur von Seiten der betroffenen Juden, sondern auch unter Teilnahme österreichischer oder deutscher Behörden.

Weil in der ersten Zeit für die Entscheidung über eine Einreise in die ČSR von der hiesigen Behörde eine ausdrückliche Erlaubnis zur Rückkehr nach Österreich oder Deutschland vorgegeben war, setzte sich bei der Wiener Polizeidirektion folgende Praxis durch: Der Antragsteller stellte einen Antrag für eine Ausreisegenehmigung, in dem er angab, dass er in die Tschechoslowakei übersiedeln möchte und dass er deshalb beantragt, dass in seinem Pass auch die Rückkehrerlaubnis eingetragen wird. Mit einer gesonderten schriftlichen Erklärung verpflichtete er sich dann dazu, nicht nach Österreich zurückzukehren und die erwähnte Rückkehrerlaubnis nicht zum Einsatz zu bringen. Das Generalkonsulat nimmt an, dass auf diese Weise mehrere Fälle eintraten, in denen die Einreise sonst nicht erlaubt worden wäre. Als das Generalkonsulat dann diese, mithilfe deutscher Behörden durchgeführte Umgehung der bestehenden Praxis feststellte, beschloss es in strittigen Fällen von den Parteien einen Ariernachweis oder Dokumente einzufordern, mit welchen sich die Herkunft des Antragstellers feststellen lässt.

Die zweite Methode, mit der verfolgte Juden versuchen in die Tschechoslowakei zu gelangen, ist schlicht die Fälschung der von der hiesigen Behörde ausgegebenen Empfehlung. Bislang wurden nicht viele Fälle ermittelt, doch das Generalkonsulat macht auch auf diese Möglichkeit aufmerksam, gegen die es selbst machtlos ist. Es empfiehlt deshalb eine verschärfte Kontrolle von Ausländern, die in der letzten Zeit aus Deutschland und Österreich eingetroffen sind, die gegebenenfalls auch auf Flüchtlinge aus dem Jahr 1932 [!] ausgedehnt werden könnte. Besonders bei österreichischen Juden besteht eine große Gefahr, dass sie sich binnen kurzer Zeit auf betrügerische Weise tschechoslowakische Dokumente über die Staatsangehörigkeit besorgen und sich als tschechoslowakische Staatsangehörige ausgeben. Das Generalkonsulat weist im Weiteren nach, dass auch dies möglich ist.

In letzter Zeit kam es einige Male vor, dass slowakische, mährische und auch einige südböhmische Gemeinden ihrem ehemaligem Zugehörigen, der nun ein österreichischer resp. deutscher Staatsbürger ist, unrechtmäßig einen Heimatschein ausgestellt haben. Es handelt sich mehrheitlich um Juden, die per Option die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt haben und die sich nun mit einem Antrag zur Ausstellung eines neuen Heimatscheins an ihre ehemalige Heimatgemeinde wenden. Dies geschieht manchmal nach der Vorlage alter Militärdokumente oder Heimatscheinen aus der Zeit vor dem Umsturz, so dass ein uninformierter Bürgermeister in die Irre geführt wird und dem Antragsteller bona fide entspricht. In einigen Fällen befürchtet das Generalkonsulat jedoch, dass es sich nicht um Irrtum handelt, sondern um Missbrauch der Amtsgewalt. Das Generalkonsulat ist speziell in diesem Fall auch durch das Konsularregister geschützt, welches die Beibehaltung des Heimatrechts in der Slowakei und in der Karpatenukraine verlangt. Hier hat das Generalkonsulat die Möglichkeit, das Heimatrecht selbst zu überprüfen. Größere Schwierigkeiten treten jedoch in den Fällen auf, wo es um ehemalige Zugehörige böhmischer oder mährischer Gemeinden geht. Eine verpflichtende Meldung im Konsularregister ist nicht vorgeschrieben, und so hat das Generalkonsulat keine sofortige Kontrolle, mit deren Hilfe sich die Zugehörigkeit des Antragstellers beurteilen ließe. Bei älteren Heimatscheinen beantragt das Generalkonsulat aus freien Stücken die Vorlage einer Bestätigung über die Nicht-Option, die von der Bezirkshauptmannschaft und in Wien vom Magistrat ausgestellt wird. Das Generalkonsulat wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Bestätigung über die Nicht-Option kein sicherer Maßstab sein muss, weil sie gegen eine angemessene Gebühr auch in dem Fall erlangt werden kann, wenn es sich um einen österreichischen Staatsbürger mit rechtmäßig anerkannter Option handelt. Das Generalkonsulat kann die Wahrhaftigkeit dieser Behauptung nicht überprüfen, doch es hat keinen Grund, den Wahrheitsgehalt dieses Vorgangs zurückzuweisen. In dieser Hinsicht besteht schlechterdings Anarchie und das Generalkonsulat ist überzeugt, dass es auf diese Weise von statten geht. Das Generalkonsulat bemerkt, dass es bislang keinen ähnlichen Fall erfasst hat, und wird, falls dies geschehen sollte, beschleunigt Bericht erstatten. Im Hinblick auf die Folgen ist eben nicht der Moment des Vorfalls wichtig, sondern es ist notwendig, eine Lösung zu finden, die diesen verhindern würde. Das Generalkonsulat nimmt an, dass es ratsam wäre, wenn die von den Bezirksbehörden ausgestellte Bescheinigung über die Staatsbürgerschaft bei den Bezirksbehörden anhand der Optionslisten überprüft würden. Diese Vorschrift würde sich nur auf Bescheinigungen beziehen, die von dauerhaft in Österreich lebenden Personen beantragt wurden.

[...]

Bei dieser Gelegenheit weist das Generalkonsulat noch einmal darauf hin, dass über die Stationen Oderberg, Bodenbach, Eger, Furth im Wald auch österreichische Juden frei in die Tschechoslowakei einreisen können, die auf diese Weise emigrieren. In dieser Sache wurde dem Ministerium für Äußere Angelegenheiten von der hiesigen Behörde am 15. d. M. unter Az. 46.303/IV-38 Bericht erstattet.

Der Bericht ergeht gleichzeitig an das Innenministerium und die Landesbehörde in Prag, Brünn, Bratislava und in Uschhorod.

Der Generalkonsul:

Dr. Šebesta, m.p.


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