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Erinnerung von Shlomo Galandauer an die Flucht in die Tschechoslowakei

Date2001
Bibliographic referenceTschögl, Gert, Barbara Tobler, and Alfred Lang, eds. <emph rend="italic">Vertrieben. Erinnerungen burgenländischer Juden und Jüdinnen.</emph> (Wien: Mandelbaum 2004), 33-34. Original auf Deutsch.

Flucht

Die erste Station war Wiener Neustadt, wo mein Onkel Michael lebte. Es muss um Pessach gewesen sein, denn Pessach feierten wir dort. Die Juden wurden aus Wiener Neustadt nicht so früh vertrieben wie aus Lackenbach. Innerhalb von zwei Wochen mussten wir auch Wiener Neustadt verlassen. Wir wussten, dass es dort nicht viel sicherer war als in Lackenbach. Onkel Tobias lebte in Prag, er war dort Rabbiner. Wir wollten daher in die Tschechoslowakei. In der Zwischenzeit war mein Vater nach Wien gefahren, um Visa von der Botschaft der Tschechoslowakei zu besorgen. Dort war eine lange Schlange angestellt. Vater dachte, dass das keinen Sinn hätte, er würde nie Visa bekommen. Dann traf er den jüngsten Bruder meiner Mutter, Onkel Rafi. Dieser kannte ein Kindermädchen des tschechischen Konsuls. Er sprach mit ihr und so bekamen wir Visa für die Tschechoslowakei. Kurze Zeit waren wir dann in Mies in dessen der Tschechoslowakei, wo Tante Norah und Onkel Bernhard, die Schwester meiner Mutter und ihr Mann, lebten. Er war Rabbiner von Mies. Wir lebten ungefähr sechs Monate in der Tschechoslowakei. Ich war sechs Jahre alt und bedanken Prag mit der Schule. Es war eine deutschsprachige Schule. Die meisten der Schüler waren jüdisch, Kinder, die vor den Nazis geflüchtet waren. Ich erinnere mich noch, dass mich die anderen Kinder fragten: Bist du legal oder illegal? Und ich wusste nicht, was sie meinten. So fragte ich meine Mutter: Mami, sind wir legal oder illegal? Wir waren legal, weil wir ja Visa hatten, aber viele Leute waren ohne Papiere über die Grenze gekommen. Was ich zu dieser Zeit genau fühlte, weiß ich nicht mehr. Ich war verstört wegen der ständigen Umstellungen, machte mir aber keine Sorgen über mein Leben. Ich verstand damals sicher nicht, dass wir in Lebensgefahr waren. Aber ich war verunsichert, weil wir von einem Ort zum nächsten ziehen mussten, und ich war unglücklich.


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