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Die Vernichtung des Schiffs der Ausgestoßenen, Presseartikel des Večerní České Slovo

Date30. August 1938
CollectionVečerní České Slovo
Bibliographic referenceZničení lodi vyvrženců. Večerní České Slovo, Nr. 20 (30. August 1938): 2. Original auf Tschechisch.

Niemandsmenschen zu Wasser gelassen und dem Tod überlassen

Die Vernichtung des Schiffs der Ausgestoßenen.

Rostiger Flüchtlingskahn vom Ufer abgetrieben.

Am 1865. Kilometer der Donau, unweit der Theben-Flussschleife bei Pressburg, ankert schon seit 4 Monaten ein altes Frachtschiff am ungarischen Ufer. Es ist ein Gefängnis für siebenundvierzig Niemandsmenschen, die einige Tage nach dem österreichischen Anschluss vom neuen Gebiet des Dritten Reichs ausgewiesen wurden. Es handelt sich um Männer, Frauen und Kinder unterschiedlichsten Alters. Sechsundvierzig Juden und eine Christin, die Ehefrau eines Zahnarztes aus dem kleinen österreichischen Städtchen Kittsee. Ursprünglich waren 57 Flüchtlinge an Bord dieses halb verrosteten Frachtkahns. Von den schrecklichen Strapazen wurden zehn, davon sieben Frauen und drei Männer, durch den Tod erlöst. Während der heißen Tage wurden die eisernen Platten des Verdecks so durchgeglüht, dass die von der Gluthitze aufgestachelten Flüchtlinge in den Wahnsinn getrieben wurden. Es war nicht möglich, das Verdeck zu betreten. Die Glut verbrannte die dürftigen Schuhüberreste, die diese Elenden tragen. Nun sollen sie auch dieser letzten Zuflucht beraubt werden, die weder zum Tod noch zum Leben reicht. Ungarische Behörden kündigten der Besatzung des schwimmenden Ghettos an, dass sie ihre Gegenwart nur noch bis zum 1. September dulden werden. Mittags wird angeblich die mürbe Ankerleine am Schiff durchschnitten und das Schiff auf die Donau gelassen, auf dass es schwimme, wie und wohin es will. Wahrscheinlich wird es ein Weg in den Tod. Nach der Bekanntmachung dieser Ankündigung trafen sich die Unglücklichen an Deck und schworen einträchtig, dass sie lieber durch Selbstmord enden wollen. Danach beteten alle gemeinsam.

Die vier Monate dieser Haft waren Tage schrecklicher Qualen und Strapazen. Kurz nach dem Anschluss wurden sie heimlich von Stoßtruppen auf unser Gebiet gebracht. Unsere Behörden konnten ihnen kein Asyl gewähren, und darum begrüßten sie den Vorschlag des französischen Kapitäns, der gerade mit einem Motorboot im Hafen ankerte, den Elenden einen Schleppkahn zu leihen und sie hinter Theben zu verankern. Später wurden sie auf ein ungarisches Schiff gebracht. Nach längeren Verhandlungen willigten die ungarischen Behörden ein, nachdem sich die Vertreter der Pressburger Glaubensgemeinde verbürgt hatten, dass sie ihren Glaubensgenossen Dokumente für die Reise nach Übersee beschaffen würden. Die Juden lebten auf dem alten rostigen Schiff wie in einem Gefängnis. Sie durften nicht vom Schiff und waren auf Barmherzigkeit angewiesen. In den vier Monaten dieser Galeere wurden aus ihnen ausgemergelte menschliche Schatten. Sobald sich in der Nähe ein Boot zeigt, laufen sie aus dem Unterdeck heraus und bitten um Essen. Das Schiff ist voller Ungeziefer und Insekten, die in großen Mengen auf dem Schiff herumlaufen. Nun erwarten sie bebend die letzten achtundvierzig Stunden ihres Lebens.


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