Devisenschieber
und Gewalttäter vor den Schöffen
Flucht
einer
Judenfamilie
verhindert
Wien
12. August.
Vor einem Schöffensenat des [Landesgerichtes](https://portal.ehri-project.eu/authorities/ehri_cb-005406) 2
(OLGR Oberlandesgerichtsrat
Dr. Eberstaller, Staatsanwalt Dr. Bruckner) hatte sich der jüdische Kaufmann Dr. Kurt Popper
wegen Vergehens nach der Devisenverordnung durch Nichtanmeldung eines Auslandsguthabens
sowie wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit zu verantworten.
In der Nacht vom 11. auf den 12. März herrschte auf den zu
den Grenzen führenden Straßen ein lebhafter Autoverkehr, da zahlreiche Personen versuchten,
zumeist mit großen Vermögenswerten, das Ausland zu erreichen.
Mit dem Auto gegen Gendarmeriebeamte
In den in der Nähe der Grenzen gelegenen Ortschaften richteten die Gendarmerieposten und
Hilfsabteilungen, bestehend aus Mitgliedern von Parteiformationen, einen Wachtdienst ein, um
die Verschleppung von Vermögenswerten ins Ausland, bzw. die Flucht
verbrecherischer Individuen zu verhindern. Auch die Reichsstraße nach Berg war von zahlreichen Autos
belebt. Gegen Mitternacht fuhr ein Kraftwagen in raschem Tempo durch Hainburg, wo
zwei Gendarmeriebeamte Postendienst versahen. Die Beamten gaben dem Kraftwagenlenker
auf ziemliche Entfernung Haltezeichen mit ihren Taschenlampen, der Lenker verlangsamte auch
die Geschwindigkeit, stieg aber, als ein Gendarmeriebeamter an den Wagen herantrat, wieder auf den Gashebel und fuhr in
irrsinnigem Tempo davon. Der Beamte mußte
rasch zur Seite springen. Der Fahrer konnte erst bei Regelsbrunn angehalten
und als der aus Wien stammende Dr. Kurt Popper identifiziert werden.
Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit.
Dr. Popper erklärte in der Hauptverhandlung, er habe nicht die
Absicht gehabt, Vermögenswerte zu verschieben, sondern nur mit seiner Frau und seiner
Schwiegermutter in die Tschechoslowakei ausreisen wollen.
Er wurde auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens zu zwei Monaten Kerker
verurteilt.