Haftsache!
Anklageschrift
Den Kraftwagenführer Josef KROUPA aus
Wien XVI,
Degenstr. 46, geboren am 5. Dezember 1904 in Wien, verheiratet,
deutschen Reichsangehörigen, nicht bestraft, am 18.
Juni 1938 vorläufig festgenommen und seit dem 29. Juli
1938 in Untersuchungshaft im Landgerichtsgefängnis
zu Linz an der
Donau,
- bisher ohne Verteidiger,
klage ich an,
im Jahre 1938 in Linz, Wien und dem damals
tschechischen
Znaim fortgesetzt
es unternommen zu haben, sich ein Staatsgeheimnis zu verschaffen, um es zu verraten,
Verbrechen gegen die §§ 88, 90, 93, 93a StGB.
Der Angeschuldigte hat sich im Frühjahr 1938 von dem tschechischen
Nachrichtendienst in Znaim anwerben lassen und im Juni 1938 von
Wien aus die ihm
aufgetragene Ausspähungsfahrt nach Linz unternommen. Dort hat er
geheimhaltungsbedürftige Verhältnisse der deutschen
Wehrmacht
erkundet und einen weiteren Nachrichtenagenten zu werben versucht.
Wesentliches
[...]
II.
Die Vorgeschichte der Tat.
Seine angeblich deutschfreundliche Einstellung hinderte den Angeschuldigten nicht, sich
nach dem Umbruch in der Ostmark in den
Dienst der illegalen Judenauswanderung zu stellen. Zunächst wandten sich die Wiener
Juden
Siegfried Österreicher und
Karl Wechsler an ihn und baten unter
Hinweis auf seine genaue Kenntnis des Grenzgebiets und auf seine verwandtschaftlichen
Beziehungen nach der Tschechoslowakei, sie schwarz
über die Grenze auf tschechisches Gebiet
zu führen. Gegen Zahlung von je 50 RM führte der Angeschuldigte diesen Auftrag am 17. April 1938 aus. Bei dem Grenzübertritt in der Nähe von
Retzbach
(Ostmark) verwandte der Angeschuldigte seinen sudetendeutschen Schwager
Alois Prohaska aus Gnadlersdorf (damals
Tschechoslowakei) als Führer, nachdem er diesem vorgespiegelt hatte, daß es
sich bei seinen beiden jüdischen Begleitern um Nationalsozialisten handele, die der
SdP.
Material zu überbringen hätten.
Vierzehn Tage später brachte der Angeschuldigte
allein den Juden
Richard Wolf an derselben Stelle über die
Grenze und ließ sich hierfür ebenfalls 50 RM bezahlen. Auf tschechischem Gebiet
wurden beide von tschechischen Finanzbeamten gestellt und nach Zahlung einer Geldstrafe an die
Grenze zurückgeschafft, von wo aus der Jude
erneut heimlich auf tschechisches Gebiet übertrat.
Zu Pfingsten 1938
schmuggelte der Angeschuldigte die Juden
Armin Spitz und Adolf Hausknecht aus Wien über die Grenze und
ließ sich hierfür diesmal je 100 RM bezahlen. Während die Juden
von tschechischen Beamten gestellt wurden, gelang es dem Angeschuldigten, auf
deutsches Gebiet zu flüchten.
Kurz darauf überschritt der Angeschuldigte letztmalig mit dem Juden
Weiss aus Wien, der ihm hierfür 50 RM
bezahlt hatte, die deutsch-tschechische Grenze, wurde aber von tschechischem
Militär gestellt und von Gnadlersdorf nach der Gendarmeriestation
Schattau gebracht.
Über den gewerbsmäßigen Judenschmuggel des Angeschuldigten zeigte man sich auf tschechischer Seite
bestens unterrichtet und stellte ihm eine Kerkerstrafe wegen Verletzung des tschechischen
Staatsschutzgesetzes in Aussicht. Von Schattau aus, wo man ihn nur
über die Verhältnisse in Wien ausgefragt hatte, wurde er dem Bezirkskommando in Znaim zugeführt. [...]