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Notiz über illegale EmigrantInnen aus Österreich im ersten Monat nach dem "Anschluss" und deren Aufteilung auf Hilfsorganisationen

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Österreichische Emigranten, Ankunft in der ČSR.

Am 25. April 1938.

An das Präsidium des Innenministeriums.

Nach dem Bericht der Polizeidirektion Brünn kamen in der Zeit vom 11. März bis zum 14. April 1938 insgesamt 48 österreichische Emigranten in den Bereich dieser Behörde, die größtenteils die tschechoslow. Grenze bei Znaim, Nikolsburg und Lundenburg übertreten haben.

Aus den protokollarischen Verhören dieser Personen geht hervor, dass sie die tschechoslow. Grenze in den Morgenstunden, gegen Mittag oder in den Abendstunden übertreten haben , ohne dass sie jemand von der  tschechoslow. Grenzkontrolle angehalten hat.

Ein großer Teil dieser Emigranten besitzt keine Staatsangehörigkeit , die ihnen in Österreich entzogen wurde, obwohl sie niemals politisch tätig waren. Ausländer mit anderer Staatsangehörigkeit als der österreichischen werden ebenfalls grundlos durch Abschiebung an die tschechoslow. Grenze befördert und durch die österreichische Grenzwache auf das hiesige Gebiet abgedrängt.

Von diesen Emigranten steht die größte Zahl unter dem Patronat der Liga für Menschenrechte (insgesamt 27), weiterhin der Solidarität (11), der Soz. Dem. (1) und die übrigen sind ohne Patronat (4). Die Liga für Menschenrechte hat meistenteils Emigranten ohne Staatsangehörigkeit und Juden. Die Solidarität unterstützt Emigranten kommunistischer Gesinnung (früher Soz. Dem).

Die übrigen Emigranten, die unter keinem Patronat stehen, sind überwiegend Juden, die keine Gründe zur Emigration nachweisen konnten und lediglich vor Angst aus Österreich geflüchtet sind.

Von der Gesamtzahl von 48 Emigranten haben sich bereits aus Brünn vier Personen entfernt, das heißt zum 14. April 1938 waren in Brünn insgesamt 44 Emigranten, deren Namensliste beigefügt wird.

Gegen alle Emigranten, die illegal die tschechoslow. Grenze übertreten haben, wurde ein Strafverfahren eingeleitet.

Nach Absprache mit den erwähnten Vereinigungen wurde allen diesen Emigranten von der Polizeidirektion Brünn eine Frist von 14 Tagen zum vorübergehenden Aufenthalt gewährt, während der diese Vereinigungen versuchen den größten Teil der Emigranten in andere europäische Staaten resp. nach Übersee umzusiedeln.

Für den Landespräsidenten:

[Unterschrift]


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