EN | ES |

Facsimile Lines

966


< Page >

[1]
91

[2]
widerstrebe euerer Bekehrung, in der ihr den Sündern dieser Welt ein
[3]
Gesetz errichtet, damit sie hinken könnten, wie sie auf beide Füsse zu
[4]
hinken gewohnt sind, indem ihr ihnen eine Frist gönnt um Gott, und
[5]
eine Frist, um dem Teufel zu dienen... Aber die Wurzel des Bösen
[6]
bleibt in ihnen... Unter den Aposteln bestand nicht das Gesetz des
[7]
wiederkehrenden Bekehrens, sondern der Hingabe und Liebe, in der die
[8]
Seele ein unauflösliches Band mit Gott besitzt... Ihr aber habt mit dem
[9]
abtrünnigen Volke bei diesen Bekehrungen viel leere und unnütze Arbeit,
[10]
zu der Gott nicht verbindet, die aber den reichen Priestern passt, die
[11]
in Burgen und Städten sitzen, die niemals den Staub ihrer Füsse auf
[12]
die abschütteln werden, die an Gott nicht glauben und zur Busse sich
[13]
nie entschliessen... Das gehórt zur wahren Beichte, den Mensehen auf
[14]
den Weg der wahren Busse zu stellen; wer es aber nicht vermag, der
[15]
segnet ohne Segen und mit Lug und Trug... Wenn der Priester es
[16]
vermag..., so ist die Beichte gut, wo nicht, schlecht. Es ist aber schwer
[17]
dies bei weltlichen Menschen zu bewerkstelligen... Diese Macht besitzt
[18]
der Priester nicht in seinen Worten, die er flüstert, ausser er wäre im
[19]
Stande, den Willen des Menschen zu verändern und ihn mit dem wahren
[20]
Lichte zu erleuchten, damit er verstehe, was er thut, weun er beichtet
[21]
und der Busse sich unterwirft. Du sagst freilich: wir ermahnen sie
[22]
fleissig, die Gesetze zu befolgen, und sie versprechen es zu thun. Wer
[23]
verspricht? Ein Thier ohne Gott, das verspricht, was es nicht weiss,
[24]
und dessen nicht mächtig ist, was es verspricht; es ist an die Welt wie
[25]
mit Ketten durch böse Gewohnheiten gebunden... Merket auf die That,
[26]
die dem Versprechen folgt... Und auch in den Priestern hegt die Ohu-
[27]
macht, wenn sie Gottes Weisheit nicht besitzen, Recht und Unrecht zu
[28]
scheiden, wenn sie die Schlüssel nicht besitzen, wenn sie selbst die
[29]
Gebote übertreten... Wenn du fragst, ob es besser wäre, alles bleiben
[30]
zu lassen, so sage ich: was dasjenige betrifft, worin das Heil des Men-
[31]
schen beruht, wenn es nicht so geschehen kann, dass daraus das Heil
[32]
wirklich und mit Sicherheit erfolge, so ist es besser, es bleiben zu
[33]
lassen, denn ohne Zweifel, wenn es nicht wirklich geschieht, so ge-
[34]
schieht es zum Schein und mit Trug, und besser ist es, es bleiben zu
[35]
lassen, als zu betrügen... Es bringt einen noch grösseren Schaden, die
[36]
Wunde zu heilen, in der das Geschoss stecken geblieben,... uud die
[37]
grösste Schädigung ist es, wenn derjenige heilen will, der die Macht
[38]
nicht besitzt, da er den Willen in demjenigen nicht ändern kann, den
[39]
er heilen will... und er doch nicht dadurch allein zu heilen vermag,
[40]
indem er eine kurze Weile etwas flüstert. Gott allein vermag es zu be-
[41]
wirken, dass der Mensch durch seine Gnade das Bóse lüsst, wenn er das
[42]
reine Wort Gottes hórt, aus demselben das richtige Verstündnis schópft
[43]
und so das gebesserte Herz ihm zuwendet... Denn das einzige Heil-
[44]
mittel unserer Gebrechen ist das Wort Gottes...

[45]
Du sagst ferner, dass du die Missbrüuche, die ich aufzáhle und
[46]
deren es noch mehr gibt, ebenfalls verwirfst und verabscheuest. Siehe
[47]
dich vor, ob es in der That so ist; denn es kann jemand die bittere
[48]
Frucht des Strauches verabscheuen und doch der Wurzel vergessen und
[49]
dessen, der sie gepflanzt... Möchtet ihr nur das reine Wort Gottes predi-


Text viewFacsimile