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und wird wegen dieser Geringschätzung nicht gerettet. (Die verschiedenen
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Gebräuche bei der Taufe - ausser der Begiessung sind Zeichen, die
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wol eine Bedeutung haben mögen, die aber keine Macht besitzen. Christus
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hat sie nicht eingesetzt. Sie sind schädlich, weil die blinden Menschen
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sie als zum Sakramente gehörig betrachten.)

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(Das zweite Sakrament der h. Kirche ist Christi Leib und Blut.
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Es wird gesagt ein Sakrament der h. Kirche, weil diejenigen, die die
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h. Kirche bilden, durch dieses Sakrament geliciligt werden. Dies ist die
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Bedeutung des lateinischen Wortes sacramentum, das Zeichen einer h.
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Sache, einer unsichtbaren Gnade, ein Zeichen und zugleich die Wahrheit
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des Zeichens. Vieles wird ein Sakrament der h. Kirche genannt, aber wir
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sollen unser Augenmerk darauf richten, was Christus eingesetzt hat und
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wozu er es eingesetzt hat. Das erste Sakrament ist die Taufe. Das zweite
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ist eingesetzt für diejenigen, die bereits im Glauben stehen, um durch
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dasselbe Gnade zu erlangen, und zwar in dem Masse, als der Mensch es
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würdig ist. In dieser Fülle der Gnade hat Christus nicht viele Sakra-
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mente eingesetzt. Aber von diesem Sakramente ist an anderen Orten
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viel geschrieben worden. Hier nur von den Irrtümern. Es folgt eine
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Polemik gegen die Zeichenlehre, gegen die Transsubstantiationslehre. Die
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Unwürdigen sollen zum Genusse des Sakramentes nicht zugelassen werden.
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Dagegen verstossen die Magister. Sie haben das Sakrament allen zu-
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günglich gemacht, wie eine Hókersfrau ihren Laden. Sie sind darin dem
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Dionysius ühnlich, wie ein Igel der Nachtigall.)

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Das dritte Sakrament der h. Kirche ist die Busse, ohne die, wenn
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der Mensch in Sünden fällt, die Gnade nicht erlangt werden kann. (Einige
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unterscheiden drei Theile: die Selbstprüfung oder Reue, die Genug-
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thuung, die Beichte. Die Reue ist der Beginn jeder wahren Busse. Die
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Genugthuung bezieht sich auf die Menschen oder auf Gott. Jene soll
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geleistet werden, wenn es auch nicht immer leicht ist. Noch schwieriger
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ist die Genugthuung gegen Gott. Fasten, Gebete, Almosen sind gut und
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werden von Gott angenommen, Mehr bedeutet es, wenn der Mensch
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die Leiden und Mühseligkeiten des Lebens gern und geduldig trägt. Aber
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thun wir auch alles, was wir im Stande sind, so kommt es doch auf
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unsere gerechten Werke nicht an, sondern Gottes Barmherzigkeit ist es,
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die uns rettet. Wir sind aber verpflichtet zu thun und zu leiden, was
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wir nur können. Die Beichte dem Priester halten viele für die Haupt-
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sache. Die obligatorische Beichte hat Innocenz III. eingeführt. Wer aber
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beichtet, soll einen guten Priester ausfindig machen: auch kann er jedem
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guten Christen beichten. Jakob von Bethlehem [Jakobell von Mies]
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hat manches gute darüber geschrieben; unter anderem, dass wir nicht
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verpflichtet sind, einem schlechten Priester zu beichten.)

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Das vierte Sakrament der h. Kirche ist die Ordination der Priester.
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Und darüber ist sehr schwer zu sprechen; denn einerseits könnte man
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viel loben, anderseits aber so viel tadeln, dass man kaum noch die Ordi-
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nation als ein Sakrament der h. Kirche bezeichnen dürfte. Es müsste
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vielmehr heissen: Sünde, Greuel und Schandfleek der h. Kirche; so dass
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die h. Kirche glücklich würe, wenn dieses Sakrament sich auf Erden nie
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gezeigt hätte... (Wenn wir nur die falschen Lehren, die darüber auf-


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