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von der kirchlichen Obrigkeit zu trennen, wie leicht konnte dieses
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Beispiel. auf dem weltlichen Gebiete zur Auflehnung gegen König und
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Staat führen, die da waren, um die Kirche gegen ihre Feinde zu
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schützen und die Ungehorsamen zum Gehorsam zurückzuführen!

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Mit dem Tode des Königs brach die Bewegung in Prag wieder
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los, wobei die ikonoklastische Plünderung der Kirchen und Klöster
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ein Anzeichen bildete, dass die radikalen Tendenzen, denen der Laien-
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kelch nur ein Theil des Programms war, auch unter der hauptstädti-
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schen Menge Wurzel gefasst hatten. Bereits wurden Versammlungen
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in dem nächsten Umkreise der Hauptstadt veranstaltet. Die dort Ver-
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sammelten zerstreuten sich nicht, sondern fanden Aufnahme innerhalb
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ihrer Mauern. Zwar stellte ein Vertrag, den die Stadt mit den Be-
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satzungen der Prager Burgen und dem Oberstburggrafen, Čeněk von
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Wartenberg, schloss, die Ruhe wieder her, und wenn das fremde Volk
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gleichzeitig die Hauptstadt verliess, so ist es wohl dabei als Bedingung
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vereinbart worden: als aber dann nach kurzer Pause (October 1419)
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nicht bloss Tumult, sondern offener Kampf begann und zwar zwischen
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der provisorischen Regierung und der Hauptstadt des Landes, da
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strömten dieser sofort. Bundesgenossen zu, nicht mehr friedliche Pil-
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ger, sondern bewaffnete Haufen, die Waffen mitgenommen hatten, um,
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wie Wenzel Koranda gesagt, die Böcke vom Weinberge Christi zu
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vertreiben. Mit diesen Waffen mussten sie sich den Weg zur Haupt-
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stadt bahnen. Doch nur um dieselbe alsbald wieder zu räumen, als
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zwischen der Regentin, dem Oberstburggrafen und anderen Herren
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einerseits und den Pragern anderseits ein Vertrag (13 November 1419)
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abgeschlossen wurde, in dem beide Theile sich versprachen; für die
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Freiheit des Laienkelches einzustehen, wáührend die Prager zugleich
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zusagten, die Bilderstürmerei innerhalb ihrer Mauern nicht mehr
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zuzulassen.

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Nach Abzug der Fremden ergriff die Hauptstadt eine friedlichere
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Stimmung und hielt làngere Zeit an. Die Gebote Sigismunds, des le-
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gitimen Erben der Krone, die Ketten und Barrikaden in den Strassen
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zu entfernen, fanden willigen Gehorsam (Januar 1420); geistliche und
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weltliche Gegner des Kelches wurden zur Rückkehr in die Stadt, aus
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der sie früher geflohen, aufgefordert, den Mónchen Schutz vor Ver-
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hóhnung und Misshandlung zugesagt, dies alles auf unbestimmte Zu-
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sage des Kónigs hin und wahrscheinlich nicht ohne Einfluss des Herrn
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von Wartenberg, dem bis zur Ankunft Sigismunds anstatt der Kónigin
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Sophia die Regentschaft übertragen wurde.


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