[1] |
|
---|
[2] |
Die eigentlichen Urheber der hussitischen Bewegung haben ohne
|
---|
[3] |
Zweifel direkt auf Chelčický eingewirkt: er ist ein Zuhörer ihrer
|
---|
[4] |
Predigten gewesen, er hat mit ihnen persönlichen Umgang gepflogen.
|
---|
[5] |
Aber er steht ihnen. frei gegenüber, beugt sich vor ihrer Autorität
|
---|
[6] |
nicht, widerspricht ihnen: sein Tadel trifft auch den Johannes Hus
|
---|
[7] |
und noch mehr denjenigen, der später seine Stelle einnahm, den Ja-
|
---|
[8] |
kobell von Mies. !) Diese selbstständige Stellung zeigt sich auch darin,
|
---|
[9] |
dass er sich in seinen Schriften auf frühere Freunde und spätere
|
---|
[10] |
Gegner des Hus beruft, deren Andenken damals, als er schrieb, in
|
---|
[11] |
den hussitischen Kreisen .gewiss verpönt war. Dies sind Stanislav
|
---|
[12] |
von Znaym und namentlich Johannes Protiva. Cheléicky citirt mit
|
---|
[13] |
einer gewissen Vorliebe, die auf intime persóhnliche Beziehungen
|
---|
[14] |
schliessen lásst, Protivas Schriften, die wir leider nicht kennen. Wenn
|
---|
[15] |
wir aber auch nicht im Stande sind, ihre Einwirkung auf Cheléicky
|
---|
[16] |
bestimmt zu bemessen, so kehrt doch in jenen Citaten überall der-
|
---|
[17] |
selbe Grundgedanke wieder, dass nämlich das göttliche Gesetz höher
|
---|
[18] |
stehe als das menschliche und dass es genügend sei, die Kirche zu
|
---|
[19] |
begründen und zu regieren. Und aus den Citaten lässt sich unschwer
|
---|
[20] |
erkennen, dass beide Männer zwar in diesem Gedanken zusammen-
|
---|
[21] |
trafen, aber dann doch in entgegengesetzter Richtung auseinander-
|
---|
[22] |
giengen. Denn Protiva scheint von der Superiorität des göttlichen
|
---|
[23] |
Gesetzes ausgehend, die Herrschaft der Kirche über den Staat ver-
|
---|
[24] |
fochten zu haben, während Cheléickÿ Staat und Kirche trennt, jenen
|
---|
[25] |
in der Idee zwar vernichtet, aber doch nicht der Kirche unterwirft.
|
---|
[26] |
Protiva verficht die bestehende Kirche, Chelcicky greift sie an.?)
|
---|
[27] |
Die Gegner der Hussiten haben diese oft Wiclifisten genannt;
|
---|
[28] |
und nicht mit Unrecht, denn wie der Hussitismus überhaupt unter
|
---|
[29] |
Wiclifs Einfluss steht, so gilt dies namentlich von seinen radikalen
|
---|
[30] |
Elementen. Auch von Peter Cheléicky. Wenn er in der Schrift das
|
---|
[31] |
allgenügende und allgemein verbindliche Gesetz Gottes findet, wenn
|
---|
[32] |
cipere et ad ipsam terminare. — Chelcickf nennt Matthias von Janov in seinen
|
---|
[33] |
Sehriften nur einmal (in der Replik gegen Rokycana) und zwar, um ihn zu tadeln.
|
---|
[34] |
!) Replik gegen Rokycana.
|
---|
[35] |
1) Johannes Protiva (vgl. Jiredeks Rukovét) war der erste Prediger an, der
|
---|
[36] |
Bethlehemskapelle (1391—6), spáter Pfarrer bei S. Clemens in Po¥i¢ (Prag). Uber
|
---|
[37] |
seine Beziehungen zu Hus s. Palacky Docum. 164 ff. Die Citate finden sieh im
|
---|
[38] |
Netz des Glaubens und in dem Traktate vom Ursprung der menschlichen Ge-
|
---|
[39] |
setze. In diesen wird aber dem Protiva ein Citat zugeschrieben, das in der Re-
|
---|
[40] |
plik gegen Rokycana Wiclif in den Mund gelegt wird, eine Verwechslung, die
|
---|
[41] |
wol dadurch zu erklüren ist, dass Chelcicky lateinische Schriften nur mit frem-
|
---|
[42] |
der Hilfe benutzen konnte, die aber keinen zureichenden Grund bietet für die
|
---|
[43] |
von G. Annčnkov (Č. Č. M. 1880) aufgestellte Annahme, Chelcieky citire überall
|
---|
[44] |
unter Protivas Namen den Johannes Wiclif.
|
---|