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XIX

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die Hand gegeben, als sicher gelten. Auf die Lageneinteilung wurde schon hin-
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gewiesen. Die ebenfalls schon oben berührte Randbemerkung S. 1, in der die Reihen-
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folge der verschiedenen größeren Abschnitte bestimmt wird, kennt bloß die Propheten-
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Übersetzung nebst der poetischen Vorrede zu den großen Propheten. Diese Vorrede
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will, wie aus V. 171 sowie aus einem Akrostichon (s. unten) deutlich hervorgeht,
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eine Einleitung zu sämtlichen Propheten, den großen wie den kleinen, sein. Dessen
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ungeachtet ist sie vor den kleinen wiederholt. Ihre erste Abschrift steht auf einer
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besonderen Lage und ist durch anderthalb leere Seiten (nicht Blätter, wie Hennig
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sagt) von dem Hauptteile getrennt, während ihre zweite Wiedergabe von den kleinen
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Propheten unmittelbar fortgesetzt wird. Die vier Hauptteile der Hs., die grofien
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und die kleinen Propheten, Hiob und die Apostelgeschichte, beginnen alle mit einer
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neuen Lage. Zwischen den großen und kleinen Propheten findet sich ein un-
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beschriebener, aber lintierter Raum von zwei Seiten, zwischen den Propheten und
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dem Hiob ebenso ein Raum von fünf Seiten. Alles das berechtigt aber noch nicht
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zu dem sehr weitgehenden Schluß, den Hennig (S.7) daraus ziehen zu dürfen
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glaubt: daß alle diese Abschnitte ursprünglich als besondere Manuskripte in dem
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Ordensarchive gelegen hätten. Waren doch die prophetischen Teile augenscheinlich
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von Anfang an auf ein zusammenhängendes Werk berechnet. Auf die Einheit dieses
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ersten Hauptteiles der Hs. deutet die ganze äußere Einrichtung seiner verschiedenen
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Abschnitte: die Seitenüberschriften, Miniaturen, Initialen, die Lagenzählung, die
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ganze Schriftart. Die beiden übrigen Teile der Hs. scheiden sich ganz deutlich nicht
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nur von diesem ersten, sondern auch unter sich. Im Hiob fehlen alle Seitenüber-
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schriften, die Miniaturen beschränken sich auf eine einzige. Die Apostelgeschichte
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hat zwar Seitenüberschriften, aber keine Miniaturen. Der äußeren Ausstattung nach
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stehen die Propheten voran, danach kommt Hiob und zuletzt die Apostelgeschichte.
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Was dagegen das relative Alter dieser Abschriften angeht, so macht Hiob u, a. wegen
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der verblaßten Tinte den Eindruck, älter zu sein. Auf Grund chronologischer
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Nachrichten über die Entstehung der beiden ersten Teile des Werkes (vgl. unten),
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wie auch wegen des allgemeinen Schriftcharakters der ganzen Hs. darf ihr abso-
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lutes Alter etwa mit den Zahlen 1340 1400 umgrenzi werden.

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Die Schreiberfrage hängt mit diesen Erórterungen nah zusammen. Nach
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Steffenhagen a. a. O. sollen die verschiedenen Teile der Hs. augenscheinlich von
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derselben Hand geschrieben sein, eine Meinung, der Müller a. a. O. beigetreten ist.
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Hennig dagegen betrachtet unseren Kodex gewissermaßen als Fabrikarbeit, und zwar
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wohl mit Recht. Denn es mußte, wie Hennig schon hervorhebt, ein solches
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Buch erst durch viele Hände gehen, ehe es ganz fertig wurde. Für diese Annahme
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spricht ganz entschieden schon das oben iiber die Rubrizierungen Gesagte. Was den
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Text betrifft, so sehen sich, meint Hennig, überhaupt alle Prachtwerke jener Zeit, die
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auf dem Königsberger Staatsarchiv liegen, ähnlich, und doch sind sie von ver-
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schiedenen Schreibern verfertigt. Daß sich mehrere Hände auch mit diesem Werke
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beschäftigt haben, erhellt wie schon Hennig betont nicht nur aus dem häufigen
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Gebrauch des Punktes in den prophetischen Büchern gegenüber dem viel selteneren

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