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von der Kirche durch keine unversöhnlichen Gegensätze geschieden, strebte sie die dauernde Begründung einer utraquistischen National- kirche an unter einem besonderen Erzbischof. Dieses konnte auf dop- pelte Weise erfolgen, entweder mit Genehmigung der Kirche oder gegen ihren Willen. Zwischen beiden Richtungen hat diese Partei und der an ihrer Spitze stehende Rokycana geschwankt. Der erwählte Erzbischof zeigt ein doppeltes Gesicht, einerseits bereit sich mit der Kirche zu versöhnen, andererseits mit Elementen: in Berührung tre- tend, die von der Kirche sich völlig abkehrten, und in diesen Hoff- nungen erweckend, die er schliesslich doch nicht erfüllte.

Es wäre vom Interesse zu erfahren, wann und wie die Verbin- dung zwischen Peter Cheléicky und Rokycana angeknüpft worden ist. Nicht ohne innere Wahrscheinlichkeit ist die Vermuthung, der Anfang derselben falle bereits in die Zeit, als Rokycana seit den letzten Tagen Kónig Sigismunds sich gezwungen sah, Prag für lange Zeit (1431—1448) zu meiden. Zwischen beiden Männern fand einmal unter Umständen, die wir nicht kennen, eine Begegnung statt; sie sprachen dabei von den Menschen, die Priester hiessen, und wie gering der Nutzen sei, welchen sie den Menschen brächten ein Thema dessen Erörterung dann im schriftlichen Verkehr fortgeführt wurde. So entstand die bedeutendste polemische Schrift Chelcickys, seine Replik gegen Ro- kycana. Cheléicky unternahm es, auf jene Frage die Antwort zu geben und konnte dabei nicht umhin, auch die utraquistischen Priester, die Ge- sinnungsgenossen Rokycanas, unter diejenigen zu rechnen, deren Wirk- samkeit keine Früchte bringe. ,Es ist schrecklich," so ruft er ihnen zu, ,dass ihr nicht bedenkt, ob ihr Christum im Volke auferbauet oder ob ihr dem Antichrist durch euere Arbeit und Wissenschaft aufhelfen wollet!^ Die Replik gegen Rokycana enthàlt eine Auseinandersetzung Cheléickys mit den hussitischen Parteien und insbesondere den Utraqui- sten in engerem Sinne des Wortes, so wie mit ihren Führern, auch Mag. Johannes Hus nicht ausgenommen, und kommt einem Absagebriefe an dieselben ziemlich nahe, der indessen einen Bruch mit Rokycana nicht herbeiführte. Denn als spàter diejenigen Mánner, die die Brüderunitát begründen sollten, ihren Verkehr mit Chel&icky anknüpften, geschah es mit Wissen und mit Billigung des Rokycana.! Und dieser Ver- kehr ist der letzte Lichtstrahl, der auf die Gestalt Peters fällt.

Dass er die weiteren Folgen dieses Verkehrs, die Begründung der Unität und den Bruch der Brüder mit Rokycana erlebt hat, ist

1) Darüber wird in der Fortsetzung dieser Untersuchungen mehr zu sagen sein,



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