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dass sie auch schlecht lehrten und schlechtes geboten und unertrágliche Bürden auf die Schultern der Menschen legten; darum hat er sie auch getadelt, sie und die Schriftgelehrten... Wenn er also das Volk vor ihnen gewarnt, so kann er es nicht wiederum zum unbedingten Gehorsam verpflichtet haben, dass sie oder die jetzigen nach Belieben befehlen könnten... Fine solche Freiheit im Befehlen wirst du, Meister, aus Christi Worten für die Prälaten nicht gewinnen, da sie das Volk in nichts unterrichten sollten, ausser in den Worten, die aus dem Munde Gottes gekommen... Es hat Gott weder unter dem alten noch unter dem neuen Gesetze den Prälaten etwas anderes zu lehren erlaubt, als einzig und allein seine Gebote. Eher könnte noch von den Prälaten des alten Bundes das Wort gelten: Thuet und bewahret alles, was sie sagen... denn das alte Gesetz war körperlich, und musste dem Buch- staben gemäss beobachtet werden: wo es hiess: eine Taube, da galt es eine Taube, wo ein Sündenbock, da war es ein Bock... Und der Priester hat dem Bauer das Gesetz genau angegeben, da er wusste, das beste Stück gehöre ihm. Anders ist das neue Gesetz: es ist geistig und in kurzen Worten eingeschlossen, in denen aber ihrer Bedeutung nach gar grosse Dinge enthalten sind. Wenn du daher dieses Gesetz einem Priester zur Waltung übergibst, der selbst ohne Licht ist, wie ein Blinder, der an der Wand dahintastet, wie wird er demselben gerecht werden?... Und da er selbst im Finstern steckt, wie wird er die Geheimnisse der Schrift eröffnen und den Blinden das Licht erscehliessen? Da er selbst ein Fremdling ist, ohne Glauben und die Rede Gottes nicht versteht, so wird er sieh fremde Bücher verschaffen, in denen irgend jemand irgendeinmal etwas gesagt hat und dies wird er durch seine Unwissenheit noch mehr verwirren... Wenn aber ein weiser Meister bestellt wird, erfüllt von der Weisheit des Leibes und der Welt, beseelt vom Geiste des Anti- christs, wird er der Schrift gerecht werden?... Wird er nicht vielmehr sein wie ein Wolf? Wo er das lebendige Thier mit den Zàhnen berührt, da wird sein Fleisch sehwarz!... Wie ein Mensch, der mit den Füssen in eine reine Quelle tritt? ... Es ist offenbar, dass von diesen die Worte Christi nieht gelten noch das Gebot: ,Was sie euch sagen werden, das haltet und thuet!^... Christi Gesetz ist ein Gesetz des Geistes und hat niehts mit Menschen gemein, die Gottes Weisheit nicht besitzen und den Geist Christi; solehe kónnen seiner nicht walten...

Du hast mir ferner auf Wiaklef hingewiesen, der zwar gegen die menschlichen Gesetze und Satzungen viel geschrieben habe, aber doch sage, eine lobenswerte kirchliche Gewohnheit solle bewahrt werden, wofern dieselbe in der Sehrift, wenn auch nicht ausdrücklich geboten, so doch stillschweigend enthalten sei. Da du, Meister, den Wiklef anführst und keinen anderen Doktor, so scheinst du ihn hóher zu achten als andere: oder hast du vielleicht eben ihn als Gewührsmann angeführt, da du glaubst, ich stütze mich vorzüglich auf ihn, da ich die Menschensatzungen ver- werfe, und schátze andere Doktoren gering? Wisse, dass ich alle Lehrer, die heiligen und die jetzigen, insoweit annehme, als sie mir durch ihre Wissenschaft den Weg zeigen konnten und das Verstündnis eróffnen alles dessen, was Gott in seinem Gesetze mir gebietet... Allerdings achte



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