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et nostro simultaneo consilio.) Zugleich erfahren wir, dass jener Beschluss
in Prag selbst gefasst worden sei und zwar, als der Krieg den Anfang
nehmen sollte (in principio illorum bellorum ... mutua simul con ma-
gistris habentes consilia). Diese Darstellung ist nicht vollständig richtig,
denn aus jenem Beschlusse selbst d. h. aus dem von Christann von Pracha-
tic und Jakobell verfassten Gutachten geht hervor, dass dem Beschlusse,
den der Verfasser der Taboritenchronik als einmütig rühint, Streit
vorhergegangen sei, und zwar, wie ich annehme, zwischen ihm selbst
und Wenzel Koranda. Dieser Streit ist nun in der Art geschlichtet
worden, dass beide ihre Streitfragen, von denen zwei die Berech-
tigung des Krieges betrafen, den genannten Schiedsrichtern vor-
legten, die dann im Einverstándnisse mit anderen Magistern den
Schiedsspruch fällten. Vorausgesetzt nun, die Streitenden seien Niko-
laus: von Pilgram und Wenzel Koranda gewesen: worin giengen ihre
Ansichten auseinander? Ich glaube zu der Annahme berechtigt zu sein,
der letztere habe die Berechtigung des Krieges für die Wahrheit be-
dingungslos verfochten, der erstere dagegen durch gewisse Bedingungen
eingeschränkt. Das Gutachten der Magister wäre dann im Sinne der
gemässigten Ansicht ausgefallen, doch wahrscheinlich so, dass es sich
mit derselben nicht vollkommen deckte, namentlich was den Haupt-
punkt des Streites betrifft, nämlich die Berechtigung der Volksge-
meinden den Krieg anzufangen, ohne von der legitimen Obrigkeit,
dazu aufgerufen zu sein. Denn, wie aus den den Schiedsrichtern vor-
gelegten Fragen und ihrer Beantwortung hervorgeht, darüber scheint
sich kein Streit erhoben zu haben, ob der Krieg für die Wahrheit
Gottes überhaupt berechtigt sei, sondern darüber giengen die An-
sichten auseinander, aus welchen Bedingungen jenes Recht und jene
Pflicht hervorgehe und hauptsächlich, wer berechtigt sei, das Schwert
zu führen. Den allgemein anerkannten Grundsatz, die weltliche Obrig-
keit sei verpflichtet, die Kirche zu vertheidigen, finden wir hier wie-
der, doch so, dass an die Stelle der Kirche die Wahrheit des Ge-
setzes Gottes tritt. Was sollte aber geschehen, wenn die Obrigkeit
sich in Erfüllung ihrer Pflicht saumselig erweist? Hat dann die Ge-
meinde das Recht an Stelle der Obrigkeit für die Wahrheit einzu-
treten? Schwere Bedenken standen entgegen, der Gemeinde ohne
Obrigkeit dies Recht, das ihr wahrscheinlich Koranda bedingslos vin-
dicirte und auch Nikolaus nicht absprach, zuzuerkennen. Das Gut-
achten spricht der Gemeinde ohne Obrigkeit das Recht eher ab als
zu. Sehen wir indessen näher zu, so ist es in demselben doch ent-
halten und die Bedingungen, die es von allen Seiten einschränken,