zu beantworten vermógen, wann Chelcickys Aufenthalt in der Haupt-
stadt seinen Anfang genommen und wie lange derselbe gewährt habe.
In Prag anwesend war er jedenfalls in der Zeit, da die hussitische
Bewegung, mächtig anschwellend, die Dämme durchbrach, um sich zu
einem Bürgerkrieg zu gestalten: in den Jahren 1419 und 1420. Es
sind dies die ersten — und eigentlich die einzigen — ganz festen und
bestimmten Daten seiner Lebensgeschichte, verbunden mit Nachrich-
ten, die bereits die eigenartige Stellung des Mannes kennzeichnen.
Bereits vor Ausbruch des Krieges lassen sich in der hussitischen
Bewegung verschiedene Strömungen unterscheiden, aus denen in der
Folge die Parteien hervorgiengen. Auch auf die Frage ist verschieden
geantwortet worden, ob es erlaubt sei im Streite, der Glauben, Cul-
tus und kirchliche Verfassung betrifft, zum Schwerte zu greifen, na-
mentlich wenn sich seine Schärfe gegen die höchsten Autoritäten wenden
sollte, gegen Kirche und Staat.
Während es in der Hauptstadt der Staatsgewalt noch gelang, blu-
tige Tumulte, die sich in der Neustadt Prag gegen die städtische
Obrigkeit erhoben, durch einen Vergleich zur Ruhe zu bringen, dem
zufolge der König sich mit der Entschuldigung und Abbitte der
Gemeinde, in welcher jener Excess stattgefunden, begnügte, daun aber
die von ihr gewählten neuen Räthe bestätigte, hatte bereits auf dem
Lande eine Bewegung begonnen, welche, die Volksmassen ergreifend,
alsbald grossartige Formen annehmen sollte. Noch zu Lebzeiten K.
Wenzels fanden jene merkwürdigen Versammlungen unter freiem Him-
mel statt, namentlich auf dem Berge Tabor bei Bechyne, wobei die
Theilnehmer sich von den Priestern abkehrten, die ihnen in den Pfarr-
kirchen den Kelch verweigerten. Sie trennten sich von den Gemein-
den, denen sie bisher angehört hatten, und sagten sich los nicht
allein von den durch die Obrigkeit eingesetzten Hirten, sondern auch
von der Autorität, die sie eingesetzt hatte. An deren Stelle traten die-
jenigen Priester, die, dem Verbote der Kirche trotzend, dem Volke
das Sakrament unter beiderlei Gestalt reichten, und die wohl als
die eigentlichen Erfinder und Urheber dieser Versammlungen anzu-
sehen sind.!) Alsbald erschienen bei den Versammlungen auch waffen-
kundige Mánner, wie Nikolaus von Hus. Wenn wir nun lesen, diese
religiósen Meetings hátten K. Wenzel in seinen letzten Lebenstagen
die Befürchtung eingeflósst, er werde nicht auf dem Throne seiner
Vüter sterben, so ist dies durchaus glaubwürdig. War es erlaubt, sich
') Vgl. Laur. von Bfezová. Hófler Ss. IL. 1. S. 351.