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ren die Krone mit den anderen Kleinodien und den Landes.
privilegien nach der Prager Burg zur Landtafel schaffen und
diese daselbst so lange bewachen, »bis man diese Sachen auf
einen anderen sicheren Ort überführen könnte«. Das böhmische
Kronarchiv blieb auch nach der Schlacht auf dem Weissen Berge
auf der Prager Burg, da es sich gezeigt. haben muß, daß die
Burg Karlstein angesichts der neueren fortgeschritteneren
Kriegskunst der Krone wie den Landesprivilegien nicht mehr
die hinreichende Sicherheit bieten konnte. König Ferdinand II.
kam dieser Umstand nur zugute, da es ohnedies seine Absicht
war, jede Ingerenz der Stände auf das Staatsarchiv zu be-
seitigen.
Die Schlacht auf dem Weißen Berge und ihre Folgen
äußerten sich in Bezug auf das Archiv des böhmischen Staates
nur insoferne, als die Stände ihre frühere Ingerenz auf dieses
gänzlich verloren und König Ferdinand II. nun die ausschließ-
liche Verfügungsgewalt darüber erlangte. Zu einer Minderung
oder sonstigen Schädigung der Bestände des Archivs ist es da-
mals nicht gekommen. Dagegen ergieng es zahlreichen Archiven
des böhmischen Adels weit schlimmer. Viele Familien, welche
des Glaubens wegen ihre Heimat verlassen mußten, nahmen
auch ihre Archive mit in die Fremde. In alle Winde verschlagen
wurde das Archiv der Herren von Wartenberg. Johann Georg
von Wartenberg wurde bekanntlich im Jahre 1622, weil er den
Pfalzgrafen Friedrich gewählt und bei dessen Krónung das Amt
eines Oberstmundschenken versehen hatte, verurteilt und mufte
nach Sachsen fliehen, wo er, unbekannt wann, gestorben ist.
Seinen spürlichen Nachlaf und mit diesem offenbar das alte
Familienarchiv der Wartenberge muB der Kurfiirst von Bran-
denburg an sich genommen haben. Daher kommt es auch, daß
ein Teil der Urkunden des Wartenbergschen Familienarchivs
unter die Bestände des Berliner Staatsarchivs gelangt ist. Die
Reste des einst großartigen Wartenbergschen Familienarchives
wurden von da in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhundertes im
Tauschwege an das Archiv des böhmischen Nationalmuseums
abgetreten. Nicht weniger bewegt waren die Schicksale des
Archives der Herren von Lipa. Čeněk Hovora von Lipa
(1631—-1680), der letzte Sprosse seines Geschlechtes, muBte we-
gen seines Glaubensbekenntnisses Bóhmen verlassen und lief
Sich als Exulant in Schlesien nieder, Hier erwarb er unweit des
Zobtenberges die Herrschaft Schwentnig. Gen&k Hovora von
Lipa stand in freundschaftlichen Beziehungen zu dem Prager
Domdechanten und Historiker Thomas Peáina. Letzterer be-
suchte ihn öfters auf seiner Herrschaft in Schlesien. Als er das
erstemal nach Schwentnig kam, hatte er auch Gelegenheit, das
großartige Lipasche Familienarchiv kennen zu lernen. Doch