s-305
| Ihre Früh- und Abendgebete sind ihnen, wie Frühstück und Abendbrot, nothwendig. |
s-306
| Sie können's nicht mehr lassen. |
s-307
| Der derbe Philister stellt sich die Freuden des Himmels unter dem Bilde einer Kirmeß, einer Hochzeit, einer Reise oder eines Balls vor: der sublimirte macht aus dem Himmeleine prächtige Kirche mit schöner Musik, vielem Gepränge, mit Stühlen für das gemeine Volk parterre, und Kapellen und Emporkirchen für die Vornehmern. |
s-308
| Die schlechtesten unter ihnen sind die revoluzionairen Philister, wozu auch der Hefen der fortgehenden Köpfe, die habsüchtige Race gehört. |
s-309
| Grober Eigennutz ist das nothwendige Resultat armseliger Beschränktheit. |
s-310
| Die gegenwärtige Sensazion ist die lebhafteste, die höchste eines Jämmerlings. |
s-311
| Über diese kennt er nichts höheres. |
s-312
| Kein Wunder, daß der durch die äußern Verhältnisse par force dressirte Verstand nur der listige Sklav eines solchen stumpfen Herrn ist, und nur für dessen Lüste sinnt und sorgt. |
s-313
| In den ersten Zeiten der Entdeckung der Urtheilskraft war jedes neue Urtheil ein Fund. |
s-314
| Der Werth dieses Fundes stieg, je anwendbarer, je fruchtbarer dieses Urtheil war. |
s-315
| Zu Sentenzen, die uns jetzt sehr gemein vorkommen, gehörte damals noch ein ungewöhnlicher Grad von Leben des Verstandes. |
s-316
| Man mußte Genie und Scharfsinn aufbieten, um mittelst des neuen Werkzeugs neue Verhältnisse zu finden. |
s-317
| Die Anwendung desselben auf die eigenthümlichsten, interessantesten und allgemeinsten Seiten der Menschheit mußte vorzügliche Bewunderung erregen und die Aufmerksamkeit aller guten Köpfe auf sich ziehn. |
s-318
| So entstanden die gnomischen Massen, die man zu allen Zeiten und bey allen Völkern so hoch geschätzt hat. |
s-319
| Es wäre leicht möglich, daß unsere jetzigen genialischen Entdeckungen im Laufe der Zeiten ein ähnliches Schicksal träfe. |
s-320
| Es könnte leicht eine Zeit kommen, wo das alles so gemein wäre, wie jetzt Sittensprüche, und neue, erhabenere Entdeckungen den rastlosen Geist der Menschen beschäftigten. |
s-321
| Ein Gesetz ist seinem Begriffe nach, wirksam. |
s-322
| Ein unwirksames Gesetz ist kein Gesetz. |
s-323
| Gesetz ist ein kausaler Begriff, Mischung von Kraft und Gedanken. |
s-324
| Daher ist man sich nie eines Gesetzes, als solchen, bewußt. |
s-325
| In so fern man an ein Gesetz denkt, ist es nur ein Satz, d.h. ein Gedanke mit einem Vermögen verbunden. |
s-326
| Ein widerstehender, ein beharrlicher Gedanke, ist ein strebender Gedanke und vermittelt das Gesetz und den bloßen Gedanken. |
s-327
| Eine allzugroße Dienstfertigkeit der Organe würde dem irdischen Daseyn gefährlich seyn. |
s-328
| Der Geist in seinem jetzigen Zustande würde eine zerstörende Anwendung davon machen. |
s-329
| Eine gewisse Schwere des Organs hindert ihn an allzuwillkührlicher Thätigkeit, und reizt ihn zu einer regelmäßigen Mitwirkung, wie sie sich für die irdische Welt schickt. |
s-330
| Es ist unvollkommener Zustand desselben, daß ihn diese Mitwirkung so ausschließlich an diese Welt bindet. |
s-331
| Daher ist sie ihrem Prinzip nach terminirt. |
s-332
| Die Rechtslehre entspricht der Physiologie, die Moral der Psychologie. |
s-333
| Die Vernunftgesetze der Rechts- und Sittenlehre in Naturgesetze verwandelt, geben die Grundsätze der Physiologie und Psychologie. |
s-334
| Flucht des Gemeingeistes ist Tod. |
s-335
| In den meisten Religionssystemen werden wir als Glieder der Gottheit betrachtet, die, wenn sie nicht den Impulsionen des Ganzen gehorchen wenn sie auch nicht absichtlich gegen die Gesetze des Ganzen agiren, sondern nur ihren eignen Gang gehn und nicht Glieder seyn wollen, von der Gottheit ärztlich behandelt, und entweder schmerzhaft geheilt, oder gar abgeschnitten werden. |
s-336
| Jede spezifische Inzitazion verräth einen spezifischen Sinn. |
s-337
| Je neuer sie ist, desto plumper, aber desto stärker; |
s-338
| je bestimmter, je ausgebildeter, mannichfacher sie wird, desto schwächer. |
s-339
| So erregte der erste Gedanke an Gott eine gewaltsame Emotion im ganzen Individuum; |
s-340
| so die erste Idee von Philosophie, von Menschheit, Weltall, u.s.w. |
s-341
| Innigste Gemeinschaft aller Kenntnisse, scientifische Republik, ist der hohe Zweck der Gelehrten. |
s-342
| Sollte nicht die Distanz einer besondern Wissenschaft von der allgemeinen, und so der Rang der Wissenschaften untereinander, nach der Zahl ihrer Grundsätze zu rechnen seyn? |
s-343
| Je weniger Grundsätze, desto höher die Wissenschaft. |
s-344
| Man versteht das Künstliche gewöhnlich besser, als das Natürliche. |
s-345
| Es gehört mehr Geist zum Einfachen, als zum Complizirten, aber weniger Talent. |
s-346
| Werkzeuge armiren den Menschen. |
s-347
| Man kann wohl sagen, der Mensch versteht eine Welt hervorzubringen, es mangelt ihm nur am gehörigen Apparat, an der verhältnißmäßigen Armatur seiner Sinneswerkzeuge. |
s-348
| Der Anfang ist da. |
s-349
| So liegt das Prinzip eines Kriegsschiffes in der Idee des Schiffbaumeisters, der durch Menschenhaufen und gehörige Werkzeuge und Materialien diesen Gedanken zu verkörpern vermag, indem er durch alles dieses sich gleichsam zu einer ungeheuren Maschine macht. |
s-350
| So erforderte die Idee eines Augenblicks oft ungeheure Organe, ungeheure Massen von Materien, und der Mensch ist also, wo nicht actu, doch potentia Schöpfer. |
s-351
| In jeder Berührung entsteht eine Substanz, deren Wirkung so lange, als die Berührung dauert. |
s-352
| Dies ist der Grund aller synthetischen Modifikazionen des Individuums. |
s-353
| Es giebt aber einseitige und wechselseitige Berührungen. |
s-354
| Jene begründen diese. |
s-355
| Je unwissender man von Natur ist, desto mehr Kapazität für das Wissen. |
s-356
| Jede neue Erkenntniß macht einen viel tiefern, lebendigern Eindruck. |
s-357
| Man bemerkt dieses deutlich beym Eintritt in eine Wissenschaft. |
s-358
| Daher verliert man durch zu vieles Studiren an Kapazität. |
s-359
| Es ist eine der ersten Unwissenheit entgegengesetzte Unwissenheit. |
s-360
| Jene ist Unwissenheit aus Mangel, diese aus Überfluß der Erkenntnisse. |
s-361
| Letztere pflegt die Symptome des Skeptizismus zu haben. |
s-362
| Es ist aber ein unächter Skeptizismus, aus indirekter Schwäche unsers Erkenntnißvermögens. |
s-363
| Man ist nicht im Stande die Masse zu durchdringen, und sie in bestimmter Gestalt vollkommen zu beleben: die plastische Kraft reicht nicht zu. |
s-364
| So wird der Erfindungsgeist junger Köpfe und der Schwärmer, so wie der glückliche Griff des geistvollen Anfängers oder Layen leicht erklärbar. |
s-365
| Welten bauen genügt dem tiefer dringenden Sinn nicht: |
s-366
| Aber ein liebendes Herz sättigt den strebenden Geist. |
s-367
| Wir stehen in Verhältnissen mit allen Theilen des Universums, so wie mit Zukunft und Vorzeit. |
s-368
| Es hängt nur von der Richtung und Dauer unsrer Aufmerksamkeit ab, welches Verhältniß wir vorzüglich ausbilden wollen, welches für uns vorzüglich wichtig, und wirksam werden soll. |
s-369
| Eine ächte Methodik dieses Verfahrens dürfte nichts weniger, als jene längstgewünschte Erfindungskunst seyn; |
s-370
| es dürfte wohl mehr noch, als diese seyn. |
s-371
| Der Mensch verfährt stündlich nach ihren Gesetzen und die Möglichkeit dieselben durch genialische Selbstbeobachtung zu finden ist unzweifelhaft. |
s-372
| Der Geschichtschreiber organisirt historische Wesen. |
s-373
| Die Data der Geschichte sind die Masse, der der Geschichtschreiber Form giebt, durch Belebung. |
s-374
| Mithin steht auch die Geschichte unter den Grundsätzen der Belebung und Organisazion überhaupt, und bevor nicht diese Grundsätze da sind, giebt es auch keine ächten historischen Kunstgebilde, sondern nichts als hie und da Spuren zufälliger Belebungen, wo unwillkührliches Genie gewaltet hat. |
s-375
| Beynah alles Genie war bisher einseitig, Resultat einer krankhaften Konstituzion. |
s-376
| Die eine Klasse hatte zu viel äußern, die andere zu viel innern Sinn. |
s-377
| Selten gelang der Natur ein Gleichgewicht zwischen beiden, eine vollendete genialische Konstituzion. |
s-378
| Durch Zufälle entstand oft eine vollkommene Proporzion, aber nie konnte diese von Dauer seyn, weil sie nicht durch den Geist aufgefaßt und fixirt ward: es blieb bey glücklichen Augenblicken. |
s-379
| Das erste Genie, das sich selbst durchdrang, fand hier den typischen Keim einer unermeßlichen Welt; |
s-380
| es machte eine Entdeckung, die die merkwürdigste in der Weltgeschichte seyn mußte, denn es beginnt damit eine ganz neue Epoche der Menschheit, und auf dieser Stufe wird erst wahre Geschichte aller Art möglich: denn der Weg, der bisher zurückgelegt wurde, macht nun ein eignes, durchaus erklärbares Ganzes aus. |
s-381
| Jene Stelle außer der Welt ist gegeben, und Archimedes kann nun sein Versprechen erfüllen. |
s-382
| Vor der Abstrakzion ist alles eins, aber eins wie Chaos; |
s-383
| nach der Abstrakzion ist wieder alles vereinigt, aber diese Vereinigung isteine freye Verbindung selbständiger, selbstbestimmter Wesen. |
s-384
| Aus einem Haufen ist eine Gesellschaft geworden, das Chaos ist in eine mannichfaltige Welt verwandelt. |
s-385
| Wenn die Welt gleichsam ein Niederschlag aus der Menschennatur ist, so ist die Götterwelt eine Sublimazion derselben. |
s-386
| Beyde geschehen uno actu. Keine Präzipitazion ohne Sublimazion. |
s-387
| Was dort an Agilität verloren geht, wird hier gewonnen. |
s-388
| Wo Kinder sind, da ist ein goldnes Zeitalter. |
s-389
| Sicherheit vor sich selbst und den unsichtbaren Mächten, war die Basis der bisherigen geistlichen Staaten. |
s-390
| Der Gang der Approximazion ist aus zunehmenden Progressen und Regressen zusammengesetzt. |
s-391
| Beide retardiren, beyde beschleunigen, beyde führen zum Ziel. |
s-392
| So scheint sich im Roman der Dichter bald dem Spiel zu nähern, bald wieder zu entfernen, und nie ist es näher, als wenn es am entferntesten zu seyn scheint. |
s-393
| Ein Verbrecher kann sich über Unrecht nicht beklagen, wenn man ihn hart und unmenschlich behandelt. |
s-394
| Sein Verbrechen war ein Eintritt ins Reich der Gewalt, der Tyranney. |
s-395
| Maß und Proporzion giebt es nicht in dieser Welt, daher darf ihn die Unverhältnißmäßigkeit der Gegenwirkung nicht befremden. |
s-396
| Die Fabellehre enthält die Geschichte der urbildlichen Welt, sie begreift Vorzeit, Gegenwart und Zukunft. |
s-397
| Wenn der Geist heiligt, so ist jedes ächte Buch Bibel. |
s-398
| Aber nur selten wird ein Buch um des Buchs willen geschrieben, und wenn Geist gleich edlem Metall ist, so sind die meisten Bücher Ephraimiten. |
s-399
| Freylich muß jedes nützliche Buch wenigstens stark legirt seyn. |
s-400
| Rein ist das edle Metall in Handel und Wandel nicht zu gebrauchen. |
s-401
| Vielen wahren Büchern geht es wie den Goldklumpen in Irland. |
s-402
| Sie dienen lange Jahre nur als Gewichte. |
s-403
| Manche Bücher sind länger als sie scheinen. |
s-404
| Sie haben in der That kein Ende. |